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21.12.2024

In Erinnerung: 80 Jahre Ardennenoffensive

Hier in der Eifel erinnern wir uns in diesem Jahr an den Beginn der Ardennenoffensive vor achtzig Jahren. Vom 16. Dezember 1944 bis zum 21. Januar 1945 wollten die Nazis völlig sinnlos ihren „Endsieg“ erzwingen.

Im englischen heißt die Offensive „Battle oft the Bulge“, zu Deutsch Beulenschlacht. Es entstand wirklich nur eine Beule in der Front der Alliierten. Diese Beule aber kostete über 36.000 Menschen das Leben, Vermisste und Zivilisten nicht mitgerechnet.
Daran erinnert die Kriegsgräberstätte in Daleiden. Sie liegt weithin sichtbar hoch über dem Ort. Der Bau, eine Rotunde, erinnert an das steinzeitliche, archaische Stonehenge in England. In der Mitte steht eine Skulpturengruppe von Waltraud dell´Antonio-Kunsmann (Wittlich). Sie ähnelt einer Pieta. Da aber religiöse Kennzeichen fehlen, handelt es sich auch hier um eine archaische, also seit Urzeiten gleiche Situation. Eine Frau, sei es Mutter, Schwester oder Ehefrau, trauert um einen toten Mann. Krieg war Männersache. Den Frauen blieb die Trauer.
Die Kriegsgräberstätte ist ein friedlicher Ort. Es ist still. Den nervenzerfetzenden Gefechtslärm des Krieges kann man sich hier nicht vorstellen. Der Blick geht weit über das Land, alles sieht friedlich aus und doch war hier ein Schlachtfeld. Alle hier begrabenen Menschen, auch einige Zivilisten darunter, starben innerhalb von nur fünf Wochen. Die jüngsten siebzehn Jahre alt, damals noch lange nicht volljährig. Für die Nationalsozialisten waren sie Menschenmaterial, eine Sache, die man beliebig benutzen konnte. Die Eingangshalle der Anlage stellt die Würde der Toten wieder her. Alle Namen sind auf großen Bronzetafeln verzeichnet, keiner soll vergessen werden.
Die Gräber sind im Halbkreis angeordnet. Jedes hat einen Grabstein. Alles ist ordentlich und gut gepflegt, nichts erinnert an Schmerzensschreie, aufgerissene Leiber und verstümmelte Leichen. Das Grauen des Krieges verbirgt sich unter zwei Bronzeplatten, rechts und links am Anfang der Rotunde. Die Überschrift weist ein „Kameradengrab“ aus. Es folgen jeweils über fünfzig Namen. Was soll das bedeuten?

Jeder Soldat trägt eine Erkennungsmarke bei sich. Gefallene Soldaten können so auch ohne Soldbuch oder Ausweis identifiziert werden. Wenn nun ein Soldat von Granaten zerrissen und zerfetzt wird, dann findet man diese Erkennungsmarken an Leichenteilen. Blutige Fleischklumpen und einzelne Gliedmaßen können den Marken nicht zugeordnet werden. So kennt man wohl die Namen, nicht aber die Körper.

„Der Tod macht alle Menschen gleich“, heißt es. Sollten sie für uns wirklich gleich sein? An ihren Dienstgraden sind in Daleiden die Angehörigen der SS gut zu erkennen. Auch sie sind würdevoll begraben. Das entspricht unserer Vorstellung von Menschenwürde.

In manchen Dörfern nennt man Soldatengräber „Ehrenfriedhof“. Wer soll da geehrt werden? Die Zivilisten und Soldaten soll man ehren, wie Opfer eines Verbrechens. Ihnen wurde das Leben genommen – von Verbrechern.
SS-Leute waren die Elite des Nationalsozialismus. Sie gaben ihr Leben für ihren Führer. Die Angehörigen mögen sich an sie erinnern, ehren müssen wir sie nicht.

Gast-Autor Harald Deilmann, Düsseldorf