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26.01.2024

Aktualisiert: Die Wellen schlugen hoch bei der Protestkundgebung gegen Flüchtlingsunterkunft in Michelbach - mit Fotogalerie und Kommentar

Gerolstein-Michelbach (boß) In dem kleinen Gerolsteiner Stadtteil Michelbach läuft zurzeit (25.01.2024 - 17 Uhr) ein „Protest gegen Massenunterkunft in 90-Seelen-Dorf“. Rund 300 Teilnehmer haben sich versammelt und tauschen lautstark

vor der geplanten Flüchtlingsunterkunft mit der Landrätin Julia Gieseking (SPD) und ihrem Beigeordneten Christoph Bröhl (FWG) das Für und Wider der Argumente aus. Eindeutige Forderung der Demonstrantinnen und Demonstranten: "Das Projekt Michelbach muss aufgegeben und abgeblasen werden!" Mit viel Emotion werden seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Ängste, schlaflosen Nächte und Tränen geschildert, die der Plan der Kreisverwaltung hervorgerufen hat, in dem kleinen Dorf eine Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 60 geflüchteten Menschen in einem ehemaligen Hotel einzurichten.
Die Kundgebung und Diskussion endete nach einem menschlichen und juristischen Austausch, ohne dass ein Kompromiss oder Lösungsansätze sich abzeichneten, da die Fronten zu verhärtet und die Standpunkte festgefahren waren. Die Einwohner fühlten sich einfach überfahren, schlecht informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie betonten aber, dass sie nicht ausländerfeindlich und für kleine Familienlösungen - wie bereits in der Vergangenheit praktiziert - offen seien. Ein Lichtblick in der verfahrenen Situation.
Sie zeigten allerdings auch kein Interesse, dass der Betreiber seine Pläne vorstellt und nahmen auch das Angebot einer Innenbesichtigung nicht wahr, da sie das Haus ja kennen würden.
Die Landrätin zeigte sich gegenüber input aktuell in einem persönlichen Gespräch trotz der aufgeheizten Lage versöhnlich: "Wir werden weitere Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern führen und versuchen, die Stimmungslage zu verbessern."

Splitter aus der Demonstration:
- "Die Flüchtlinge können ja bei Ihnen einziehen!"
- "Container auf dem Parkplatz der Kreisverwaltung - das ist eine zentrale Lage mit Infrastruktur und man hat sie direkt im Blick."
- "Absprachen ohne Kommunikation - Wir fühlen uns im Stich gelassen."

INPUT
Wenn man die Diskussionsbeiträge, die Lösungsvorschläge und insbesondere die Äußerungen hinter vorgehaltener Hand bei der gestrigen Demonstration in Michelbach betrachtet, müssen dringend deeskalierende Maßnahmen eingeleitet werden. Die klare Forderung aus der Bürgerschaft, das Projekt abzublasen, ist nach dem derzeitigen Stand wohl nicht mehr verrückbar.
Welche Maßnahmen nun eingeleitet werden könnten, müsste im Rahmen einer Mediation unter der Regie eines neutralen und unabhängigen Vermittlers mit der Bürgerschaft und der Kreisverwaltung erarbeitet werden, um nicht im Endeffekt der rechten Szene das Feld zu überlassen.
Vorbild könnten hier die vielfältigen ehrenamtlichen Initiativen in der 1.600 Einwohner großen Nordeifelortschaft Marmagen im Kreis Euskirchen sein. Hier wurden seinerzeit in der weit über die Grenzen hinaus bekannten ehemaligen Eifelhöhenklinik 750 Geflüchtete gegen Widerstände einquartiert. Die Stimmung vor Ort drohte zu kippen, da es Probleme mit strafbaren Handlungen gab. Sogar Aktionen der AfD wurden organisiert, liefen aber ins Leere.
Heute scheinen die Bürgerinnen und Bürger in Marmagen mit den Geflüchteten entspannt zusammenzuleben. Viele deeskalierende gemeinsame Aktionen aus der Bürgerschaft und mit den Flüchtlingen sowie behördliche Maßnahmen haben dazu geführt.

Heinz-Günter Boßmann



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