30.09.2023
Aktualisiert: Das besondere Wingertprojekt: Artenvielfalt im Steillagenweinbau an der Mosel - mit Fotos
Eidechsen sonnen sich auf Trockenmauern, prachtvolle Falter umschwirren den Mauerpfeffer, die blauflügelige Ödlandschrecke hüpft zwischen Reben über Schiefergeröll, Wildbienen sammeln Nektar auf Natternkopf und Dost,
Wanderfalken starten von Felsen zum lautlosen Flug: Die steilen Weinhänge der Mosel prägen nicht nur eine spektakuläre Landschaft. Sie sind auch Biotope für eine große Zahl an seltenen Pflanzen und Tieren. Wer hier wandert, kann sich kaum vorstellen, dass die allgegenwärtige Mauereidechse in Deutschland auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten steht. Als die Römer vor mehr als 2.000 Jahren ins Moseltal kamen, brachten sie die Weinkultur mit in die Region. Schnell erkannten sie, dass die steilen Hänge des Moseltales günstige Bedingungen für den Anbau von Weinreben bieten. Was die Römer nicht wussten: Mit der großflächigen Rodung des Niederwaldes und der Anlage von Weinbergsterrassen an den steilen Hängen ermöglichten sie nicht nur die Kultivierung von Reben. Sie schufen damit im Moseltal auch Lebensraum für Pflanzen und Tiere, die das besondere Mikroklima der offenen, sonnenverwöhnten Steilhänge brauchen. Schon seit 2013 fördert das Projekt „Lebendige Moselweinberge“ des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Mosel die Biodiversität im Steillagenweinbau und vermittelt Winzern wie auch der weiteren Bevölkerung, welchen Schatz an Artenreichtum die Moselregion beherbergt und wie sie ihn pflegen und schützen können. Im Mosel-Projekt des Bauern- und Winzerverbandes wurde das Thema mehrere Jahre lang wissenschaftlich unter Beteiligung vieler Winzer untersucht. So wurde auch festgestellt, dass an der Mosel mehr als 170 Wildbienenarten sowie ebenso viele Arten von Schmetterlingen und Faltern heimisch sind. Klare Botschaft an die Winzer: Lasst zwischen und neben den Reben Blütenpflanzen und Kräuter wachsen, um den Insekten Nahrung zu bieten. Vor allem die Trockenmauern der jahrhundertealten Weinbergsterrassen bieten zahllosen wärmeliebenden Pflanzen, Insekten und Tieren Unterschlupf – insgesamt sind diese Weinbergsmauern an der Mosel länger als die Chinesische Mauer! Auch die Felsen und Randstreifen mit Kräutern, Büschen und Sträuchern sind wichtig Bestandteile dieser Biotope. Eine ganze Reihe von solch vielseitig strukturieren Weinlagen von Wehr an der Obermosel über Saar und Ruwer bis Winningen bei Koblenz sind zu Leuchtpunkten der Artenvielfalt gekürt worden. Speziell geschulte Gästeführer, die Naturerlebnisbegleiter, nehmen Interessierte mit auf Wanderungen zu den Naturschätzen im Weinanbaugebiet. Auf eigens konzipierten Themenwegen werden Besuchern wie auch Einheimischen faszinierende Einblicke in die Lebensräume gewährt. Die 16 Themenwege - vom Ruwer-Riesling-Weg bis zum Apolloweg bei Valwig an der Terrassenmosel - haben sich der Naturbildung und Nachhaltigkeit verschrieben und präsentieren die regionale Fauna und Flora auf eindrucksvolle Weise. Dabei hat jeder Themenweg einen speziellen Schwerpunkt. Die Künstlerin und Naturerlebnisbegleiterin Sybille von Schuckmann-Karp hat beispielsweise die Objekte im InsektenArtWeg in Wehlen gestaltet. Im Zusammenspiel mit den Winzern entwickelt sich hier inmitten der Steillagenweinberge eine besondere Insektenvielfalt mit Schmetterlingen, Wildbienen, Mauereidechsen und vielen mehr. Auf insgesamt 14 Lebensraum-Stehlen finden sich spannende Infos über die vielfältige Pflanzen- und Tierwelt im Weinberg, die auch als Audiodateien abrufbar sind. Hier finden sich Lebenstürme, Insektenhotels und Blumenwiesen. Auf dem „Eselspädche“ bei Graach begegnet man zwar keinen Eseln, dafür aber Ziegen, die hier eine Biotopfläche vor der Verbuschung bewahren. In „Zippammers Welt“ bei Wolf kann man mit etwas Glück den scheuen und seltenen Singvogel hören und sehen, aber auch erleben, wie viel Pflanzen und Insekten sich in den terrassierten Steillagen tummeln. Sichtbarer Ausdruck des Bewusstseins für die Bedeutung des Lebensraumes Weinberg an der Mosel sind inzwischen die Lebenstürme geworden. Damit wurde eine Anregung eines jungen Winzers aufgegriffen, 100 große Lebenstürme zu errichten, um noch mehr Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität zu schaffen. Die mehrere Meter hohen Türme aus Schiefer und Holz sind quasi Hotels für viele Gäste: von Biene und Spinne bis zu Eidechse und Fledermaus. Übrigens: Nur ein Jahr hat es gedauert, bis das Ziel der 100 Lebenstürme an der Mosel nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten wurde!
Weitere Informationen: www.lebendige-moselweinberge.de www.visitmosel.de/wandern/themenwege www.weinland-mosel.de
Presse Moselwein e.V.
Fotogalerie von Timo Volz und anderen
 Foto Weingut Karp-Schreiber: Im sonnigen Wingert fühlen sich die Eidechsen so richtig wohl
 Foto Christiane Beyer/Weinland Mosel: Frühjahr am Rosenberg
Foto Martina Engelmann-Hermen/DLR Mosel: Blütenpflanzen im Spätburgunder-Weinberg
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