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06.09.2020

INPUT-Talk: 5 Fragen an den Chefarzt für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapeut Dr. med. Christian Elsen vom Krankenhaus Prüm

Prüm (boß) Die gefragte Palliativstation im Krankenhaus Prüm feierte in diesem Jahr ihren 10. Geburtstag. Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie konnte das Jubiläum nicht in gebührender Weise begangen werden.

Zur augenblicklichen Situation im Prümer Krankenhaus gab der Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin sowie Schmerztherapeut Dr. med. Christian Elsen ein aussagekräftiges Interview gegenüber der Nachrichtenagentur INPUT-Medien

INPUT-Medien: Die Palliativstation im Krankenhaus Prüm wurde in diesem Jahr 10 Jahre alt. Was war im Jahr 2010 der Grund, eine so wichtige Einrichtung im Prümer Krankenhaus zu etablieren?

Dr. Christian Elsen: Bereits vor 10 Jahren hatte man an unserem Hause erkannt, dass es sehr wichtig ist, hier vor Ort eine Versorgungsmöglichkeit für schwerstkranke Patientinnen und Patienten, bei denen keine heilende Therapie mehr möglich ist, zu errichten. Zu diesem Zeitpunkt trat nicht nur bei uns, sondern generell der palliative Gedanke immer mehr in den Vordergrund. Die Linderung von Symptomen, wie z.B. Schmerzen, Angst, Luftnot und Übelkeit erlangte eine zunehmende Beachtung. Ziel war es, den Patientinnen und Patienten in der ihnen verbleibenden Zeit eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen. Dementsprechend war man sehr froh, eine solche Therapie regional hier vor Ort für die Patientinnen und Patienten unserer Region anbieten zu können.

INPUT-Medien: Welche besonderen Herausforderungen sind während der Corona-Epidemie in der Palliativ- und Intensivmedizin bei Ihnen und Ihrem Team aufgetreten?

Der Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr dieses Jahres brachte für uns ganz besondere Anforderungen mit sich. In der Palliativmedizin war es notwendig und auch selbstverständlich, noch intensiver mit unseren Patientinnen und Patienten in Kontakt zu treten, da auch hier die Besuchsmöglichkeiten strenger reglementiert waren. Auch stellte sich die weitere Versorgung unserer Patientinnen und Patienten im häuslichen Umfeld, in Hospizen oder Pflegeheimen teilweise problematisch dar, da Patienten, die von unserer Station entlassen werden sollten, nicht mehr regelmäßig übernommen werden konnten.
Im Bereich der Intensivmedizin bringt die Corona-Pandemie große Veränderungen mit sich. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir unsere Material- und Personalkapazitäten deutlich verstärken, was ein kleines Haus wie das unsere vor große Herausforderungen stellte. Auch die intensivmedizinische Therapie von COVID-Patienten stellte sich als sehr komplex und aufwändig dar. Durch die gute Zusammenarbeit hier im Haus konnten wir diese Probleme aber bewältigen. Aktuell halten wir für COVID-Patienten immer freie Intensivkapazitäten vor, wie sie auch in den gesetzlichen Vorgaben gefordert wird.

INPUT-Medien: In wie weit hat sich der Krankenhausalltag im Corona-Zeitalter verändert?

Der Alltag bei unserer Arbeit hier im Krankenhaus hat sich seit dem Frühjahr sehr verändert. Neben den besonderen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen mussten wir unsere Strukturen und Arbeitsabläufe den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Mittlerweile sind planbare Operationen genauso wie elektive Aufnahmen im Krankenhaus erfreulicherweise wieder möglich, bedürfen aber besonderer Vorkehrungen.

INPUT-Medien:  Welche Hoffnungen hegen Sie aus medizinischer Sicht bezüglich der Corona-Bekämpfung?

Unsere Hoffnung ist weiterhin, dass die Corona-Pandemie mit der im Herbst beginnenden neuen Influenza-Saison das Gesundheitssystem nicht überfordern wird und wir in der Lage bleiben, unsere Patientinnen und Patienten medizinisch adäquat zu versorgen. Eine weitere Hoffnung gilt natürlich der medizinischen Forschung. Hier sind wir gespannt, ob ein versprochener Corona-Impfstoff in der nächsten Zeit fertiggestellt werden kann. Bezüglich der medikamentösen Therapie von COVID-Infektionen gibt es derzeit relativ wenig erfolgversprechende Neuerungen, außer der bereits in der Presse bekannten Verabreichung von Cortison bei beatmeten und kritisch kranken COVID-Patienten.

INPUT-Medien: Sind in der Schmerztherapie während der Coronazeit auch besondere „Schmerzmuster“ aufgetreten, die eine therapeutische Neuorientierung erforderlich machten?

Aufgrund der doch relativ geringen Fallzahl von schwer erkrankten COVID-Patientinnen und Patienten in unserer Region haben wir es bisher kaum mit neuaufgetretenen Schmerzmustern zu tun gehabt. In Fachkreisen zeigt sich aber, dass es nicht selten zu Auftreten von Nervenschmerzen nach durchlebter COVID-Infektion kommt. Eine spezifische Therapie hiergegen ist noch nicht bekannt und erfolgt weiterhin symptomatisch wie auch bei anderen Nervenschmerzen. Leider hat sich während der Zeit des Lockdowns gezeigt, dass es unter anderem aufgrund der Schließung von schmerztherapeutischen Krankenhausabteilungen zu einer Unterversorgung von Schmerzpatienten gekommen war. Deshalb sind wir wie auch der gesamte Berufsverband der Schmerztherapeuten froh, dass nun wieder Aufnahmen in schmerztherapeutische Abteilungen zur Therapie chronischer Schmerzen erfolgen können.

Das Interview führte Heinz-Günter Boßmann