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07.01.2020

Krypto-Token im Wert von 5,8 Mio Euro ergaunert - Generalstaatsanwalt erhebt Anklage

Koblenz/Mayen (red/boß) Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz – Landeszentralstelle Cybercrime – hat gegen einen 35-jährigen Beschuldigten aus dem Raum Koblenz Anklage zum Amtsgericht Mayen

wegen Computerbetruges in 268 Fällen zum Nachteil einer US-amerikanischen Kryptohandelsplattform erhoben.
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, einen von ihm zufällig entdeckten Programmfehler der Plattform ausgenutzt zu haben. Der Fehler soll ihm ermöglicht haben, von keinem Guthaben gedeckte Einzahlungen auf ein von ihm bei der Plattform angelegtes Kundenkonto vorzunehmen. Durch die anschließende Abbuchung und Weiterleitung der ihm zu Unrecht gutgeschriebenen kryptographischen Zahlungsmittel brachte er sich in den Besitz von über einer Million der von der Plattform vertriebenen Krypto-Token. Diese hatten zum Tatzeitpunkt einen Gegenwert von 5,8 Millionen Euro.
Nach der Anklageschrift tauschte er anschließend jeweils zeitnah einen Großteil dieser unrechtmäßig erlangten Krypto-Token in andere Krypto-Währungen (insbesondere Bitcoin und Ethereum - ETH) um, die er wiederum verkaufte. Die Erlöse aus den Verkäufen dieser Zahlungsmittel ließ er in „richtigem Geld“ auf Konten in Deutschland und der Türkei gutschreiben. Von dem Geld schaffte er u.a. ein hochpreisiges Fahrzeug an (Kaufpreis: 160.000,- Euro), gewährte einem Bekannten einen Kredit über 500.000,- Euro oder verbrachte mehrerer Urlaube in der Türkei.
Die Generalstaatsanwaltschaft beabsichtigt in dem Verfahren auch, die Einziehung der bei dem Verkauf der rechtswidrig erlangten Token erzielten Erlöse in Höhe von etwa 2,7 Millionen Euro sowie der noch auf seinen Konten vorhandenen Krypto-Währungen zu beantragen.
Ein zunächst gegen den Beschuldigten bestehender Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Er räumt das angeklagte Geschehen ein, bestreitet aber, bewusst zum Nachteil der Plattform in den USA gehandelt zu haben.

Hintergrund:
1. Die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) ist am 01.10.2014 bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz eingerichtet worden. Die Zentralstelle zieht Ermittlungen aus dem Bereich der Internetkriminalität des gesamten Landes dann an sich, wenn es sich entweder um Verfahren von besonderer Bedeutung, besondere Schwierigkeit und/oder von besonderem Umfang handelt.
2. Kryptowährung / Virtuelle Währungen
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) definiert Kryptowährungen bzw. Virtuelle Währungen als digitale Abbildung von Wert, der nicht von einer Zentralbank oder Behörde geschaffen wird und auch keine Verbindung zu gesetzlichen Zahlungsmitteln haben muss. Kryptowährungen werden von natürlichen und juristischen Personen als Tauschmittel verwendet und können elektronisch übertragen, verwahrt oder gehandelt werden. Überweisungen werden von einem Zusammenschluss von Rechnern über das Internet mithilfe einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung (Transfer der virtuellen Währung unmittelbar von Computer zu Computer) abgewickelt, so dass dabei keine zentrale Abwicklungsstelle – wie im herkömmlichen Bankverkehr – benötigt wird. Diese Anwendung wird als „Blockchain“ bezeichnet. Die Guthaben der Teilnehmer werden in persönlichen digitalen Brieftaschen gespeichert. Der Marktwert unterliegt - ähnlich der analogen Geldwährung - Schwankungen und ergibt sich aufgrund von Angebot und Nachfrage. Aufgrund der weitgehenden Anonymität im Zahlungsverkehr sind virtuelle Währungen ein beliebtes Zahlungsmittel bei kriminellen Handlungen im sog. Darknet. Die bekanntesten virtuellen Währungen sind „Bitcoin“ und „Ethereum“.
3. Krypto-Token
Eine Kryptowährung, die auf einer bereits vorhandenen Blockchain oder einem bestehenden Protokoll aufgebaut ist, wird als Token bezeichnet. Da dieser auf einer bestehenden Blockchain aufgebaut wird, ist er einfacher zu erstellen. Die meisten heute bekannten Token basieren auf der Blockchain von Ethereum. Ein Token kann u.a. als Zahlungssystem eingesetzt werden, kann aber auch andere Funktionen haben (z.B. in Form eines Anteils an einem Start-Up). Im Unterschied zu den sog. „coins“, die lediglich als Zahlungsmittel Verwendung finden sollen, weist der Token eine breitere Funktionalität auf.
 
Presse Generalstaatsanwaltschaft Koblenz