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07.09.2020

Einschlagstopp für alte Buchen im rheinland-pfälzischen Staatswald

Mainz (red/boß) Alte, geschlossene Buchenwälder werden im rheinland-pfälzischen Staatswald besonders vor den Folgen des Klimawandels geschützt, indem dort auf großer Fläche vorerst keine planmäßige Holzernte

mehr stattfindet. Dadurch soll dazu beigetragen werden, das Kronendach dieser Wälder möglichst geschlossen zu halten, um die Sonneneinstrahlung und Hitzeeinwirkung auf die Bäume und das Waldökosystem zu verringern.
„Der Erhalt des Waldes hat oberste Priorität. Deshalb verzichtet Landesforsten Rheinland-Pfalz vorerst auf das Ernten alter Buchen. Landesweit sieht man derzeit Buchen mit aufgeplatzter Borke durch Sonnenbrand, verfärbten Blättern oder sogar komplett kahle Bäume. Nicht alle dieser Bäume sind bereits abgestorben – doch eben davor wollen wir sie mit einem vorläufigen Fällstopp bewahren, damit der Wald weiterhin mit all seinen Leistungen für Mensch, Klima und Umwelt erhalten bleibt“, sagt Umwelt- und Forstministerin Ulrike Höfken. Der besondere Schutz gilt für Buchen im Staatswald, die über 100 Jahre alt sind, keine Gefahr für Menschen darstellen oder Baumnachwuchs oder lichtbedürftige Mischbaumarten bedrängen und in einem geschlossenen Bestand vorkommen – also, wenn sich die Kronen der Bäume berühren und so ein vor Sonneneinstrahlung schützendes Kronendach ausbilden. Würde man hier einen großen Baum entfernen, würde eine Lücke entstehen, durch die starke Sonneneinstrahlung in den Wald kommt. Steht ein Baum einzeln oder in Kleingruppen, gilt dieser Stopp nicht, da die Bäume dann ohnehin nicht durch ein geschlossenes Kronendach geschützt sind.
Der Stopp ist vorerst auf eine Einschlagssaison befristet – also bis zum Abschluss der Vegetationsperiode 2021. Die Schutzmaßnahme wird von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) begleitet. Diese haben im Rahmen der Waldzustandserhebungen beobachtet, dass es gerade auch alte Buchen sind, die unter der Hitze und Trockenheit leiden. Diese können ihr Wachstum kaum regulieren, zudem fehlt ihnen die nötige Saugkraft, Wasser bei ausgeprägter Trockenheit in große Höhen zu transportieren.

Die Buche ist die häufigste Baumart in Rheinland-Pfalz, ihr Anteil beträgt rund 22 Prozent (bundesweit: 15 Prozent). Dies ist jedoch nicht der einzige Grund, warum der Einschlagstopp im Laubholz nur für diese Baumart gilt. Denn anders als etwa Eichen, haben Buchen nur eine dünne Borke. Sie können daher schneller Sonnenbrand bekommen. In dessen Folge können etwa Fäulnispilze in das Holz eindringen und den Baum zum Absterben bringen. „Es muss unser aller Interesse sein, dass der Wald auch künftigen Generationen mit all seinen Funktionen als Klimaschützer, Lebensraum für zahlreiche Tiere, Pilze und Pflanzen und als Arbeitsplatz und Lieferant des klimafreundlichen Rohstoffes Holz zur Verfügung steht“, so Höfken. Einen allgemeinen Holzeinschlagstopp für alle Baumarten hält die Ministerin daher nicht für zielführend.
Allerdings werden im Staatswald derzeit auch keine gesunden Fichten mehr geerntet. Diese werden nur noch gefällt, wenn sie vom Borkenkäfer angegriffen sind und von ihnen ein Ansteckungsrisiko für andere Bäume ausgeht. Die Ernte nicht befallener Fichten hingegen wäre im Moment weder wirtschaftlich, noch mit Blick auf die damit verbundenen Belastungen des Holzmarktes und der Arbeitskapazität der Forstleute sinnvoll.
„Genau wie alle anderen Ressourcen müssen wir auch mit Holz sparsam umgehen und Holzprodukte so lange wie möglich nutzen, anschließend recyceln und erst am Ende des Lebenszyklus sowie nur minderwertiges Holz und Holzabfälle verbrennen. Holz ist ein wichtiger Grundstoff für eine kohlenstofffreie Bioökonomie. Sein Einsatz ist aktiver Klimaschutz und ökologisch sinnvoll. Es wäre nicht klug, stattdessen weiter auf Beton und Plastik setzen. Diese verbrauchen viel Energie, verursachen problematischen Müll und wachsen anders als Holz nicht einfach nach. Wer auf Holz setzt, spart CO2. So sind beispielsweise in einem Einfamilienhaus aus Holz 40 bis 80 Tonnen des klimaschädlichen Treibhausgases gebunden“, sagt Höfken.
„Die Entscheidung für das Moratorium ist Ausdruck der besonderen Verantwortung, die wir im „Buchenland“ RLP gerade für diese Baumart, die „Mutter des Waldes“, tragen. Immerhin handelt es sich hierbei um Wälder, die uns weit überwiegend durch Naturverjüngung von der Natur geschenkt und nicht von Menschenhand gepflanzt worden sind. Daher sind die Forstleute – genau wie andere, namhafte Ökologinnen und Ökologen – bisher davon ausgegangen, dass diese Baumart das Potenzial dazu hat, die Krise zu überstehen. Diese Gewissheit steht angesichts des extrem rasch fortschreitenden Klimawandels nunmehr in Frage. Die seit je von den Forstleuten geübte Praxis einer aufmerksamen und fachkundigen Beobachtung der Waldökosysteme und einer Integration der dabei gewonnenen Erkenntnisse in die Waldbehandlung ist zum Erhalt des Waldes daher heute mehr denn je gefragt“, so die Forstministerin abschließend.