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15.04.2020

Die Corona-Epidemie legt das öffentliche Leben in der Eifel lahm

Bitburg-Prüm/Euskirchen/Daun (boß) Die vielbeschriebene Corona-Pandemie beschäftigt nun bereits seit Mitte Februar die Behörden, Krankenhäuser, Mediziner und die Sicherheitskräfte in der Eifelregion.

Es fing ganz langsam an und viele Spuren der Entstehung wurden anfangs auf die Skiurlauber aus Tirol und Südtirol zurückgeführt, obwohl auch hier frühzeitig Warnhinweise gegeben worden waren.
Das gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Leben wurde immer mehr zur Verhinderung der Verbreitung des gefährlichen Virus eingeschränkt. Kontaktsperren, Mindestabstände, Hygienevorschriften und die Schließung wichtiger Einrichtungen wie Schulen und Kitas bestimmen bis zum heutigen Tag das Leben. Zurzeit laufen allerdings Überlegungen im Bund, in Zusammenarbeit mit den Bundesländern, bei verschärften Hygienebedingungen einzelne Maßnahmen zu lockern.

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm (rund 100.000 Einwohner) wurden bis Ostern 143 Covid-19-Fälle bei 2.098 Sichtungen und 1.432 Testungen gezählt. Zurzeit gelten 75 Menschen als geheilt und noch 68 als infiziert. Insgesamt mussten drei Todesfälle beklagt werden. „Spitzenreiter“ sind die Verbandsgemeinden Bitburger Land mit 38 und Prüm mit 33 Infizierten. Entgegen anderer Polizeibezirke in der deutschen und belgischen Eifel sieht es wohl im Raum Prüm bezüglich der Verstöße gegen die Auflagen günstig aus. „Nur sehr wenige Personen mussten über Ostern vereinzelt angesprochen und aufgefordert werden, Mindestabstände einzuhalten oder sich als Gruppe aufzulösen“, so ein Polizeisprecher.

Auffällig sind die günstigen Zahlen im südlichen Kreis Euskirchen mit 3 Infizierten in Hellenthal, 4 in Dahlem, 5 in Blankenheim und einem in Nettersheim bei insgesamt 279 nachgewiesenen Fällen im Kreisgebiet, 116 Genesenen und 8 Todesopfern.
Dazu der Euskirchener Landrat Günter Rosenke gegenüber der Nachrichtenagentur INPUT-Medien: "Unsere aktuelle Situation ist außergewöhnlich. Die Corona-Krise zwingt uns allen Verhaltensweisen auf, die in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zu erleben waren. Wir erfahren tiefe Einschnitte in die persönlichen Freiheiten des Einzelnen. Dinge, die wir bisher für eine Selbstverständlichkeit gehalten haben, gehen nicht mehr. Und wir werden uns sicherlich noch eine längere Zeit darauf einstellen müssen, mit gewissen Einschränkungen zu leben. Aber: Die derzeitige Krisenerfahrung, davon bin ich überzeugt, führt dazu, dass unsere Gesellschaft enger zusammenrückt. Und dass wir alle aus dieser Phase neue Kraft schöpfen - ungeachtet aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten."
Nach den eingehenden Meldungen der Kreispolizeibehörde Euskirchen zu urteilen wurde in dieser Region auch sehr streng das Kontaktverbot überwacht. Denn bekanntlich vermehrt sich das Virus über die sogenannte Tröpfchen- und Schmierinfektion. Das bedeutet bei weniger Kontakten und der Beachtung der Hygienevorschriften, dass die Ansteckungen zurückgehen müssen, so die Experten aus der Medizin.

Der Landkreis Vulkaneifel meldet bis Ostern 100 bestätigte Corona-Fälle bei einem Todesfall. Genesen sind bereits 38. Von den bestätigten Corona-Fällen mussten bisher insgesamt 11 Personen stationär behandelt werden, 5 davon konnten das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Eine Person ist leider am 05.04.verstorben. Demnach sind aktuell 61 Personen mit Wohnsitz im Landkreis Vulkaneifel an COVID-19 erkrankt, von denen derzeit 5 Personen in stationärer Behandlung sind.

In allen drei Landkreisen wurden mit großem Aufwand und Unterstützung des DRK frühzeitig Sichtungsstellen und Corona-Ambulanzen eingerichtet und das Gerolsteiner Krankenhaus für die rheinland-pfälzische Eifel zur “Corona-Klink“ umfunktioniert.
Landrat Dr. Joachim Streit vom Eifelkreis Bitburg-Prüm empfahl eindringlich über die Medien das Tragen von Mund-Nasen-Masken und suchte dringend medizinisches und pflegerisches Fachpersonal.
Unzählige private, gewerbliche und behördliche Initiativen - wie das Nähen der Masken und Bring- und Bestelldienste – wurden in fast allen Orten kurzfristig aus dem Boden gestampft und ließen die Bevölkerung trotz Kontaktsperre „näher zusammenrücken“. Dennoch gab es auch Gegenbeispiele bezüglich des nötigen Abstandes und von Menschenansammlungen, die von den Strafverfolgungsbehörden entsprechend geahndet werden.

Wie ein erfahrener Stresstrainer gegenüber unserer Zeitung ausführte, ist die Corona-Epidemie nicht nur für Patienten und das medizinische Personal ein Hochstress, sondern auch je nach Situation für alle Menschen, besonders in den Risikogruppen, höchst belastend. Wegen der Neuheit, Intensität und Dauer der Infektionskrankheit kommt es zu einem Gefühl des passiven Erleidens und der Hilflosigkeit. Vor allem, weil es bisher weder Medikamente noch einen Impfschutz gibt und man nicht auf Erfahrungen zurückgreifen kann.

Nachdenkliche Stimmen kamen auf, ob das Coronavirus an den Ländergrenzen Halt macht, da sich viele Leute in Ostbelgien über die verhältnismäßig geringere Zahl der Corona- und Todesfälle in der deutschen Eifel wunderten. Auf dem Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (rund 70.000 Einwohner) sind bisher 21 Todesfälle zu beklagen. Wieviel insgesamt bisher infiziert wurden, ist nicht erfasst, allerdings gelten 33 Menschen als geheilt und noch sieben befinden sich auf der Intensivstation.

Bezüglich der unterschiedlichen Zahlen in der belgischen und deutschen Eifel dürfte eine Auswertung nach der Epidemie sicherlich Aufklärung bezüglich der allgemeinen zwischenmenschlichen Verhaltensmuster, frühzeitig eingeleiteter Schutzmaßnahmen, der allgemeinen medizinischen Versorgung und der Anzahl der Testungen bringen.

Heinz-Günter Boßmann von INPUT-Medien für die belgische Tageszeitung GrenzEcho

Einschätzung von Dr. rer. nat. Juliane Hellhammer, PhD vom StressZentrum Trier
"Die durch COVID-19 verursachte Pandemie stellt für uns alle in geradezu perfekter Weise eine Stress-Bedingung dar. Von Stress reden wir, wenn eine Situation für uns neu ist, in ihrem weiteren Verlauf unvorhersehbar und unkontrollierbar ist und eine starke Gefährdung unserer Person darstellt. Also, eine Situation wie wir sie aktuell global haben. Bei Stress werden die beiden zentralen Stresssysteme im Körper aktiviert, unter anderem auch das Stresshormon Cortisol. Was hier kurzfristig positive Effekte hat, führt bei chronischer Stressbelastung jedoch zu gesundheitlichen Störungen. So beeinflusst chronischer Stress beispielsweise unmittelbar unser Immunsystem und führt zu einer größeren Infektanfälligkeit. Auch treten verstärkt psychische Veränderungen wie Ängste, Depressionen und aggressives Verhalten auf. Je nach Persönlichkeit sind einzelne Personengruppen stärken oder weniger stark von den Belastungen der Pandemie und den damit verbunden Sicherheitsmaßnahmen betroffen. So tun sich Personen, die gerne alleine sind, naturgemäß leichter mit dem Social Distancing und kommen besser ohne die übliche soziale Interaktion mit der Familie und Freunden aus. Auch haben es Perfektionisten mit ihrem Kontrollbedürfnis in der Krise schwerer als Pragmatiker, die auch mal fünfe gerade sein lassen können. So erfahren wir jetzt durch diese Krise besonders deutlich, wie wichtig vorbeugende Maßnahmen und Resilienz sind. Eine psychologische Unterstützung kann hierbei in Krisenzeiten - beispielsweise in Form eines Video-Coachings - hilfreich sein."