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15.01.2020

Zukunftsfähige Dörfer – Was erwarten die Menschen von der Politik? - mit Kommentar

Bitburg (red/boß) Zu einer Diskussionsveranstaltung über die Zukunft der Dörfer hatte der Landtagsabgeordnete Nico Steinbach (SPD) nach Bitburg eingeladen. Dass rund 200 Teilnehmer anwesend waren,

bestätigte das große Interesse der Menschen. Dorfentwicklung mit Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Digitalisierung waren die Hauptthemen, die von vielen Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern, Gemeinderatsmitgliedern sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern angesprochen wurden.
Im Vordergrund stand vielfach die Umsetzung von Projekten und deren Fördermöglichkeiten.
Staatssekretärin Nicole Steingaß vom Innenministerium betonte in ihrem Referat, dass das Land Wert darauf legt, durch eine moderne Infrastruktur die Ortskerne lebenswert zu gestalten. Vielfältige Förderprogramme tragen dazu bei, die Grundversorgung und Lebensqualität zu sichern und auszubauen.
Robert Freisberg, Referent im Ministerium des Innern und für Sport, betonte, dass man den jungen Menschen etwas bieten müsse, um sie im Dorf zu halten. Wichtig seien hier neben (Miet-)Wohnungen in entsprechenden Größen auch die Nahversorgung und neue Formen von Arbeitsplätzen, wie z. B. Co-Working Spaces. Besonderen Wert sollte man auf den innerörtlichen Ausbau legen, allerdings mit Beachtung der Baukultur.
Ein weiterer wichtiger Punkt für zukunftsfähige Dörfer ist die Digitalisierung. Dr. Matthias Berg vom Fraunhofer Institut in Kaiserslautern stellte das Projekt „Digitale Dörfer“ vor, welches es seit 2018 für die Gemeinden gibt. Eine Vielfalt von APPs, die speziell für die Bedürfnisse im ländlichen Raum konzipiert wurden, bietet den Dörfern die Möglichkeit, die Kommunikation im Dorf zu erleichtern und zu steigern. Diese APPs zu Nahversorgung, Hilfsangeboten, Dorfneuigkeiten und Weiteres können einzeln voneinander – je nach Bedarf des Dorfes – eingesetzt werden. Getestet wurden die Anwendungen in drei Modellgemeinden mit überwiegend positiver Resonanz. Im Eifelkreis nutzt z.B. die Ortsgemeinde Oberweiler die „Dorf-APP“. Viele weitere professionelle Angebote zu sehr erschwinglichen Preisen stehen zur Verfügung.
Die DorfPages ermöglichen allen Gemeinden, mit geringem Aufwand einen eigenen, zeitgemäßen Internetauftritt zu realisieren.

Bei der anschließenden Fragerunde wurden von den Teilnehmern Themen wie Neubaugebiete, Kindergarten, Tourismus, ärztliche Versorgung, Verkehrsberuhigung, ÖPNV-Konzept und Bestattungsgesetz angesprochen. Auch der Förderlotse der ADD in Trier, Klaus Roderich, wurde auf die vielfältigen Fördermöglichkeiten angesprochen und hatte viele Fragen zu beantworten. Als Ansprechpartner steht er den Gemeinden zur Verfügung, um im „Dschungel“ vieler Förderprogramme zu beraten.
Nico Steinbach, MdL: „Das überaus große Interesse an der Veranstaltung hat gezeigt, dass es die Menschen sehr beschäftigt, wie und welche Bedingungen notwendig sind, um gut auf dem Dorf leben zu können. Mir ist der Austausch sehr wichtig gewesen. Nur wenn ich die Ideen und Sorgen kenne, kann ich aktiv und im Rahmen meiner politischen Arbeit tätig werden.“
Die Anregungen aus dieser Veranstaltung werden in die Arbeit aller Podiumsteilnehmer einfließen.

SPD Presse

INPUT

Wenn man die Eifeldörfer seit mindestens 50 Jahren aus den verschiedensten beruflichen und privaten Sichtweisen beobachten konnte, kann man ermessen, wie vieles auf der Strecke geblieben ist. Auch wurden die Kleinstädte teilweise nicht davon verschont. Wenn nicht die Einwohner durch verschiedenste private Initiativen aktiv geworden wären, sähe es düster aus. Insbesondere was die Digitalisierung, den öffentlichen Personennahverkehr, die Gesundheitsvorsorge, die Behördenstruktur, Banken, Tankstellennetzes, Posteinrichtungen, Schulen, Gastronomie, Einzelhandel, das Pfarreiengefüge und die allgemeine Infrastruktur angeht, ist die Entwicklung teilweise deprimierend. Lange Zeit wurde das mit dem Satz „Das ist der Lauf der Zeit“ abgetan.
Ich will nicht wissen, wie viele Bürger und Betriebe die Region verlassen oder sich gar nicht erst angesiedelt haben, weil kein schnelles Internet zur Verfügung stand oder familienwichtige Einrichtungen wie Geburtsstationen fehlten.
An einer bestimmten Gemeinde im Eifelkreis Bitburg-Prüm habe ich mir einmal die Mühe gemacht, alle „Abzüge“ der letzten Jahrzehnte zusammenzustellen. Ein mehr als trauriges Bild… Dabei habe ich aber nicht übersehen, dass sich auch einige Dörfer in den letzten Jahren positiv entwickelt haben.
Insofern sind Initiativen mit Staat und Bürgern wie der Dorf-Check, der Internet-Ausbau, die Hausarzt-Genossenschaften, der Dorfwettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, die Dorferneuerungsprogramme sowie die europäischen Interreg- und Leader-Projekte für das Leben auf dem Lande wichtiger denn je, um mit Optimismus in die 20er Jahre zu starten. Ob sich die Uhr zurückdrehen lässt, ist natürlich fraglich…

Heinz-Günter Boßmann