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10.02.2019

Grenzüberschreitend - Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft

von Heinz-Günter Boßmann

Prüm/St. Vith/Mainz (boß) Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts… Mehr Licht als Schatten gab es kürzlich bei einer hochkarätig besetzten Talkshow der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung Rheinland-Pfalz-Saarland

mit dem Titel „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum – Chancen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“ unter der Moderation des SPD-Landtagsabgeordneten Bitburg-Prüm, Nico Steinbach. Dabei konnten die Debattenredner und -rednerinnen den interessierten Besuchern im Prümer Konvikt mehr Sicherheit für die Zukunft bieten.
Nachdem das Krankenhaus Prüm in den letzten Jahren mehrere Einbußen zu verkraften hatte und ein Hausärzteschwund auf dem Land zu verzeichnen ist, waren große Ängste unter dem Personal und Unsicherheiten in der Bevölkerung zu spüren. Gerüchte machten naturgemäß die Runde.
So war es wichtig, aus erster Hand von der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) zu hören, dass nach dem Landeskrankenhausplan keines der 97 Häuser geschlossen und nur insgesamt 220 Betten abgebaut werden, obwohl bis zu 2.500 gefordert waren.
Das bedeute für Prüm, dass die Bettenzahl nach dem jetzigen Planungsstand nur von 147 auf 138 reduziert werde, bilanzierte der Geschäftsführer des St. Joseph-Krankenhauses Prüm, Theo Korth. Er verschwieg aber nicht, dass die Nachwuchsrekrutierung  – insbesondere für Ärzte – ihm großen Kummer bereite, obwohl die eine oder andere Stelle (internistische und geriatrische Abteilung, Pflegedienstleitung) mittlerweile besetzt werden konnte.
Höchste Priorität genieße es, so Bätzing-Lichtenthäler, dass immer der Mensch im Mittelpunkt stehe und die Grund- und Regelversorgung flächendeckend und wohnortnah sowie sektorenübergreifend sichergestellt werden müsse. Dabei komme es natürlich immer auf die Einzelfallüberprüfung an.
Man werde an Prüm festhalten, obwohl das letzte Wort, ob ein Haus bleibt oder geschlossen wird, immer beim Träger liege und von der Inanspruchnahme durch die Bevölkerung abhänge. Das seit fünf Jahren festgeschriebene Kooperationsabkommen der Krankenhäuser St. Vith und Prüm werde demnächst nach langen Verhandlungen durch die sogenannte ZOAST-Vereinbarung für den grenzüberschreitenden Zugang zu Gesundheitsleistungen ergänzt, um die unterschiedlichen bürokratischen Versicherungsvorgänge und Abrechnungssysteme zu überbrücken. Dann werde man auch die 100 Euro Selbstbeteiligung der Patienten von rheinland-pfälzischer Seite übernehmen. Sonderapplaus von den Rängen und ein tiefes Dankeschön von der geschäftsführenden Direktorin der Klinik St. Josef St. Vith, Ingrid Mertes.
Mertes zog die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren lustigen und unkonventionellen Beiträgen in ihren Bann und legte in ihren Ausführungen Wert darauf, dass die belgische und deutsche Krankenhauslandschaft nicht zu vergleichen sei. So arbeiteten beispielsweise in Belgien die Ärzte in den Krankenhäusern freischaffend und man habe bei gleicher Hausgröße etwa doppelt so viel Personal wie in Prüm – bei 156 Betten gebe es 577 Mitarbeiter/-innen bei einem Umsatz von 40 Millionen Euro jährlich. Sehr viel komme beispielsweise über die ambulanten Behandlungen herein sowie über die Apotheke, das Labor und die Radiologie. „Zurzeit gibt es nach der Schließung der Geburtshilfe Prüm jährlich etwa 20 Entbindungen aus der deutschen Eifel; die Entwicklungen aus der Region Daun müssen wir noch abwarten,“ so Mertes. „Für die komplizierten Abrechnungen haben wir eine Fachfrau angestellt, die den werdenden Müttern die komplizierte Bürokratie abnimmt.“
Zukunftsweisende Perspektive: Beim Prümer Krankenhaus sollen in den nächsten Jahren überwiegend in den OP-Bereich und den Brandschutz fast zehn Millionen Euro investiert werden, und das bei einer Beteiligung vom Land von 90%. Und nun die Ernücherung: „Den Bewilligungsbescheid darüber müssten wir eigentlich sofort wieder zurückschicken“, so Theo Korth, „da wir den Eigenanteil von 10% nicht haben.“ Daran sei aber nichts zu machen, stellte die Ministerin trocken fest. „Dann müssen wir es machen wie bei der Basilika“, so ein Teilnehmer gegenüber unserer Zeitung, „dann rufen wir die Bevölkerung zu Spenden auf.“
Die Ausführungen der Ministerin zu dem Gesetzesentwurf zur Landarztquote mit dem Ziel, junge Medizinstudentin für die Arbeit als Hausärzte zu gewinnen, ergänzte der zuständige Sachbearbeiter Helmut Berscheid von der Kreisverwaltung durch die Vorstellung dern örtlichen Initiativen wie „Heimspiel für Rückkehrer“, die digitale Bürgerinitiative im Raum Bleialf und die nach anfänglichen Schwierigkeiten nun neugegründete Ärzte-Genossenschaft Bitburg.
Energisch wehrte sich Geschäftsführer Korth gegen die immer wieder aufflammenden Gerüchteküche in Prüm und trat einem angeblich drohenden Verkauf des Hauses entschieden entgegen: „Der Träger beabsichtigt keine Schließung!“ Ein Gesellschafter der CTW GmbH in Düren wolle lediglich seine Anteile an eine andere katholische Organisation veräußern. Drei hätten Interesse bekundet, und das habe mit dem Krankenhaus Prüm nichts zu tun. Die Verhandlungen seien demnächst abgeschlossen.
In der anschließenden Diskussionsrunde legten Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Finger in die Wunden bei den Themen Nachwuchssuche, Eigenanteil deutscher Pateinten in Belgien, Erhalt der Notfallversorgung, eingeschränkte Verwendung des MRTs und die Einstellung des Krankenhaus-Labors in Prüm.
Appell des Moderators Nico Steinbach zum Schluss: „Bürger, nutzt euer Krankenhaus, dann kann es auch erhalten bleiben.“