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05.02.2019

Untreue-Prozess: Vier Jahre Haft für Ex-Mitarbeiter des Bitburg-Prümer Jugendamtes

Trier/Bitburg-Prüm (boß) Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser… oder - Plausibilitätsprüfungen, die sich als Begriff wie ein roter Faden durch den Prozess schlängelten, ergeben noch keine Aufklärung.

So könnte man die Hauptverhandlung gegen den 59-jährigen ehemaligen Kreisinspektor beim Jugendamt der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm auf den Punkt bringen.
Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Trier unter Vorsitz von VRLG Petra Schmitz verurteilte heute am 2. Verhandlungstag den geständigen Angeklagten wegen Untreue in 238 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Die Entscheidung über die Einziehung der Sachwerte zur Wiedergutmachung wurde per Beschluss abgetrennt.
Der Staatsanwalt Holger Schmitt hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und der Verteidiger Wolfgang Simon aus Bitburg drei Jahre gefordert.
Die Vorsitzende Richterin betonte in ihrer Urteilsbegründung, dass es sich für den Angeklagten strafmildernd ausgewirkt habe, dass er ein Geständnis abgelegt und sich der Polizei gestellt habe, nicht vorbestraft sei und ernsthafte Maßnahmen zur Schadenswiedergutmachung eingeleitet habe. Allerdings dürfe bei der Strafzumessung nicht übersehen werden, dass der Angeklagten eine Amtsperson war, er über einen längeren Zeitraum von 13 Jahren agierte und es sich um eine hohe Summe gehandelt habe.
Sie kritisierte aber auch die lückenhafte und fehlerhafte Kontrolle innerhalb der Verwaltung.
Unregelmäßigkeiten bei einem auf die Stieftochter laufenden Konto der Kreissparkasse Bitburg-Prüm waren einem Institut bei einer Geldwäsche-Überprüfung im Juli 2018 aufgefallen, da mehrere höhere Geldeingänge bar abgehoben worden waren, so ein Bankmitarbeiter.
Vorher hatten drei Beschäftigte der Kreisverwaltung in ihren Ausführungen die Zahlungsabläufe und Transaktionen der Gelder auf das Konto der Stieftochter anhand von Listen erläutert. Hintergrund waren fingierte Auszahlungsanordnungen an vermeintliche Hilfeempfänger.
Im sogenannten „Zweiaugenprinzip“, bei mehreren internen und externen Kontrollen und trotz Umstellung auf ein anderes Buchführungssystem seien allerdings keine Unregelmäßigkeiten über die 13 Jahre aufgefallen, obwohl es zwischen den Jahren 2013 und 2018 um über 700.000 Euro ging. Der Gesamtschaden beläuft sich sogar ab 2005 auf 1,5 Millionen Euro, wovon aber 800.000 Euro Schadenssumme bereits verjährt sind.
Scharf ins Gericht ging Rechtsanwalt Wolfgang Simon mit den Kontrollmechanismen und Verfahrensabläufen und bezeichnete sie als „von kaum zu glaubender Naivität“: „Wenn die Augen zu sind, dann nützen auch 12 Augen nichts.“ Existenzängste und viele unglückliche Umstände bei seinem Mandanten seien für ihn die Ursachen für das Fehlverhalten gewesen, welches der Angeklagte  aber auch im vollen Umfange eingeräumt habe.
Vor der Urteilsverkündung beteuerte der Angeklagte zu Tränen gerührt, dass er die Taten jeden Tag bereue, dass er das Vertrauen seiner Familienmitglieder und seiner Kollegen  enttäuscht und einen so großen Schaden angerichtet habe. Es tue ihm unendlich leid.
Die Verhandlung musste wegen gesundheitlicher Probleme der als Einziehungsbeteiligten am Prozess teilnehmenden Ehefrau und des Angeklagten kurze Zeit unterbrochen werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Heinz-Günter Boßmann