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12.11.2018

Mutterhaus sucht nach Lösungen zur aktuellen Versorgung stationärer Neuaufnahmen in der Kinderkrebsstation

Trier (red/boß) Der Förderverein krebskranker Kinder Trier e.V. hat in den letzten Tagen auf seiner Homepage und in den sozialen Medien einen „offenen Brief“ zur Situation der Kinderonkologie verbreitet (siehe weiter unten).

Dazu die Sprecherin Helga Bohnet vom Klinikum Mutterhaus: "Wir, die die Arbeit mit den betroffenen Kindern und ihren Familien im Klinikum verantworten, greifen die Sorgen des Fördervereins auf und antworten auf die mit dem Brief verbundenen Fragen:
Auf Grund eines personellen Umbruchs in der Pflege und Schwierigkeiten bei der Besetzung von offenen Planstellen in der Kinderonkologie, haben wir uns Anfang 2018 entschieden, intensive stationäre Therapien für Kinder und Jugendliche, bei denen eine bösartige Erkrankung neu diagnostiziert wurde, aktuell nicht mehr im Klinikum Mutterhaus anzubieten.
Betroffen sind davon bisher zwölf Kinder und Jugendliche aus unserer Region, die diese Therapie bei unserem Kooperationspartner, der Kinder-Hämato-Onkologie des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg, erhalten. Mit der dortigen Abteilung besteht eine enge, über Jahrzehnte gewachsene Kooperation, die hervorragend zum Wohle der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten funktioniert. Die ambulante Betreuung und Nachsorge dieser Patientengruppe ist davon nicht betroffen.
Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die stationäre Versorgung unserer Patienten in Zukunft wieder im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen bestmöglich zu gewährleisten", so Bohnet abschließend.

Hintergrund
Kinder- und Jungenmedizin mit Kinder-Hämato-Onkologie im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen – Faktensammlung

Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin 
Die Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen behandelt im Jahr mehr als 3000 Patientinnen und Patienten stationär.
Das Spektrum der Abteilung umfasst die Allgemeinpädiatrie, die Neuropädiatrie und die Neonatologie mit Intensivmedizin. Spezialisierungen liegen vor für folgende klinischen Bereiche im Kindes- und Jugendalter: Pneumologie, Allergologie, Rheumatologie und Immunologie, Hämato- Onkologie, Diabetologie, Gastroenterologie, Epileptologie, Schlafmedizin, nicht invasive Kardiologie, spezielle Sonografie. Die Abteilung ist Teil eines Perinatalzentrums Level 1 und Teil des zertifizierten Verbunds zur Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Mukoviszidose in Rheinland- Pfalz.
Die Abteilung bildet somit das komplette Spektrum der modernen Pädiatrie bis auf die Endokrinologie, die spezielle Nephrologie mit Dialyse und die invasive Kardiologie ab.

Kinder-Hämato-Onkologie
Es gibt ca. 2000 onkologische Neuerkrankungen pro Jahr im Kindes- und Jugendalter in Deutschland. Diese Kinder werden aktuell noch in 60 Kliniken (www.kinderkrebsinfo.de) versorgt durchschnittlich etwas mehr als 30 Kinder/Jahr und Zentrum. Mehr als die Hälfte sind Universitätskliniken, sechs weitere große eigenständige Kinderkliniken. Einige dieser Zentren behandeln mehr als 100 Neuerkrankungen/Jahr.

Kerneinzugsgebiet des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen = ca. ½ Mill. Einwohner:
o zu erwartende Zahl an onkologischen Neuerkrankungen/Jahr im Kindes- und Jugendalter = 12-(20). Dies entspricht den Zahlen aus den zurückliegenden Jahren.
o Kinderonkologische Fälle machen ca. 8% der stationären Fälle der
Abteilung aus. 
Sehr enge, jahrzehntelange Kooperation mit der Kinder-Hämato-Onkologie in Homburg/Saar  Einen Teil der onkologischen Therapien haben wir noch nie in Trier angeboten: z.B. autologe und allogene Stammzelltherapie 
Komplikationsträchtige Entitäten verweisen wir an übergeordnete Zentren(Säuglings-AML)
Kinderonkologische Kinder machen ca. 10% der Patienten aus, die in der Villa Kunterbunt betreut werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für 90% der Kinder mit anderen Grunderkrankungen die Villa gebraucht wird.

Der Vorstand der Fachgesellschaft GPOH betreibt aus Qualitätsgesichtspunkten zur Zeit eine Zentralisierung im Bereich der Kinder- Hämato-Onkologie (im folgenden Zitate):
o Da Krebserkrankungen im Kindesalter selten vorkommen und die Steuerung der Therapie und ihrer Nebenwirkungen viel ärztliche und pflegerische Erfahrung erfordert, hat sich mit der Zeit eine Zentralisierung der Patientenversorgung in speziellen Kliniken entwickelt. Ziel der GPOH ist es, eine weitere Zentralisierung voranzutreiben, da die bestmögliche Patientenversorgung gleichzeitig Personal mit speziellen Kenntnissen und eine Infrastruktur für die aufwendigen Behandlungsverfahren an einem Ort erfordert. (Homepage GPOH)
o Eine neue Maßnahme der Qualitätssicherung ist seit 2016 die Zertifizierung pädiatrisch-onkologischer Behandlungszentren nach Onkozert gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) (Homepage GPOH)
o Das Zentrum muss jährlich 30 Patienten (Zentrumsfälle) im Alter von 0 bis 17 Jahre (einschließlich) mit einer onkologischen Krankheit  behandeln (Ersttumoren, Zweittumoren, Erstvorstellungen mit Rezidiv). (Homepage Onkozert)
Eine umfassende, das ganze Spektrum der Erkrankungen im Kindesalter umfassende Versorgung können wir auch als Klinikum der Schwerpunkt- oder Maximalversorgung nicht gewährleisten. So verlegen wir auch jedes Jahr ca. 10-20 Kinder mit angeborenen oder erworbenen Herz- und Nierenerkrankungen in spezialisierte Zentren
In Zeiten von Fachkräftemangel geht die Bündelung von Kräften in einem Bereich zwangsläufig auf Kosten anderer klinischer Bereiche der Abteilung. Das sieht man unter anderem exemplarisch an den Auswirkungen der Versuche von Kinderkliniken, die G-BA-Kriterien nach der Qualitätssicherungsrichtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) zu erfüllen.