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18.09.2018

Seelsorge im ländlichen Raum stand bei Forum in Bitburg im Mittelpunkt

Bitburg (red) „Zuversicht, Interesse, aber auch Fragen und Skepsis“: So hat Mechthild Schabo, Leiterin des Bereichs „Pastoral und Gesellschaft“ im Bistum Trier, am Ende des zweiten Forums „Die Kirche bleibt im Dorf“ beschrieben,

was sie bei den rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wahrgenommen hat. Das Bistum Trier hatte nach Bitburg Ehren- und Hauptamtliche sowie Vertreter von Kommunen und Interessierte eingeladen, sich in Vorträgen und Workshops mit der Zukunft der Kirche im ländlichen Raum zu beschäftigen. Die Herausforderungen, die sich dabei ergeben, hatte Bischof Dr. Stephan Ackermann in seinem Eingangsvortrag formuliert: „Wir stehen in der Kirche an der Schwelle zu einer neuen Epoche einer neuen Wahrhaftigkeit – und wir sind es, die diese Epoche mitgestalten können.“ Die Kirche auf dem Dorf gehöre für ihn bleibend zu dieser Epoche dazu.
Dreizehn Workshops standen auf dem Programm; zum Beispiel zu der künftigen Rolle des Ehrenamtes im ländlichen Raum, bei dem verschiedene Akteure über die sozial-karitativen Initiativen in der Pfarreiengemeinschaft Blankenrath berichteten. Weitere Themen waren die Bedeutung der Kommunen, der katholischen Verbände oder auch der Kindertagesstätten für die Kirchengemeinden. Es ging um die Details der Umsetzung der Pfarreien der Zukunft, etwa in Bezug auf ein Modell der zukünftigen kirchlichen Anlaufstellen, die lokale Vermögensverwaltung oder die Frage der Gebete und gottesdienstliche Feiern im ländlichen Raum. Immer bei den Workshops als Leitende, Teilnehmende und Zuhörende dabei waren Bischof Ackermann, Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg und Direktorin Schabo.
Ein Frage, die sich durch viele der Gesprächsrunden zog, war die nach den Ressourcen für die zukünftigen pastoralen Aufgaben, sowohl für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bistum, als auch für die Ehrenamtlichen. So berichtet eine Teilnehmerin im Workshop „Kirche für Familien: KiTa-Projekte im Netzwerk“, davon, dass die KiTa immer stärker zu kirchlichen Orten auch für die Eltern würden. „In der KiTa treten Menschen oft zum ersten Mal als Familien in die Öffentlichkeit.“ Die sich aus diesem Impuls ergebenden Gespräche seine wichtig, gleichzeitig aber auch sehr intensiv und herausfordernd für ein KiTa. „Da kommen alle Fragen des Lebens vor, denn wir sind der Spiegel des Sozialraums.“ Die Gespräche erforderten Ruhe und Zeit, was im Alltag einer KiTa manchmal schwer zu finden sei.
Die Frage der Ressourcen führte oft zu der Frage nach Kooperationen. „Wir haben in uns in der Vergangenheit oft den Luxus der Konkurrenz geleistet“, betonte Direktorin Schabo. Das es auch anders geht, zeigten Beispiele, die im Workshop „Kirche im Sozialraum: Dorfentwicklung mitgestalten“, besprochen wurden. Der Dauner Verbandsbürgermeister Werner Klöckner stellte das Konzept der „sorgende Gemeinschaften“ vor. Er berichtete, wie ein Entwicklungsprozess begonnen wurde, der die Solidargemeinschaften im ländlichen Raum gestärkt hat. Ein Akteur dabei war auch die katholische Kirchengemeinde. Bei einem solchen Entwicklungsprozess zeige sich auch, so ein Teilnehmer des Workshops, wo die Zukunft des kirchlichen Ehrenamtes liegen könnte, „nämlich weniger in Räten, aber vielleicht mehr in einer freieren Form von Bürgerbeteiligung“.
Viele Teilnehmende formulierten den Wunsch, dass man über die Arbeit an den Strukturen nicht die pastoralen Inhalte der Kirche vergessen solle. Konkret wurde dies etwa in der Frage eines Teilnehmers, die Generalvikar von Plettenberg ins Plenum mitbrachte: „Warum ist für die Pfarreien der Zukunft eine Verwaltungsteam geplant, aber noch nicht explizit ein Geistliches Team?“ Deutlich wurde diese Forderung auch in Workshops wie „Gebet und gottesdienstliche Feiern im ländlichen Raum“. Dort ging es auch darum, wie die Eucharistiefeier am Sonntag einerseits gestärkt werden könne, ohne dass andere Gottesdienst-Formen dadurch abgewertet würden. Hier, wie auch in anderen Runden, wünschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einerseits mehr Freiheit in der Arbeit vor Ort, aber auch Unterstützung und Rückendeckung durch das Bistum.
Wie der Bund sich bei der Stärkung des ländlichen Raums engagiert, erläuterte Ministerialdirektor Thomas Windmöller vom Bundesministerium Landwirtschaft und Ernährung. Er betonte, dass die Kirche sicher im Dorf bleibe, „wenn sie denn aktiv im Dorf bleibt“. Dann könnten alle Beteiligten, die Kommune und die Kirchengemeinden, die Synergien zwischen privatem, kirchlichem und öffentlichem Engagement nutzen.
Johannes Mahne-Bieder von der Ludwig-Maximilians-Universität in München referierte zur Entwicklung der ländlichen Räume. „Wir sprechen in der Forschung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von dem zunehmenden Stadt-Land-Kontinuum, also der Abschwächung der Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen.“ Diese Entwicklung sei aber nicht einheitlich, und dürfe auch nicht rein als Urbanisierung der ländlichen Regionen verstanden werden. Denn auch der ländliche Raum habe unbestritten seine Stärken: „Es gibt sie noch, die starken Gemeinschaften. Auch die räumliche Nähe für bestimmte Anliegen, wenn etwa der Bürgermeister in der Nachbarschaft wohnt, kann ein Vorteil sein.“ Wichtig sei das oft hohe ehrenamtliche Engagement in den Dörfern. Gerade daran könne Kirche anknüpfen. „Das Dorf muss ein eigenständiger Lebensbereich bleiben können.“
In Ergänzung dazu präsentierte Dr. Ludwig Böckmann vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz die zu erwartende demografische Entwicklung im rheinland-pfälzischen Teil des Bistums Trier. „Zukunfts-Aussagen sind für Statistiker immer schwierig.“ Aber bis 2035 werde das Bistum Trier im rheinland-pfälzischen Teil voraussichtlich nur noch 1,5 Millionen und damit gut 120.000 Einwohner weniger haben als heute. „Im ländlichen Raum wird die Bevölkerungszahl dabei stärker sinken, als in den Städten und den Ballungszentren.“ Auch eine verstärkte Zuwanderung könne den Bevölkerungsrückgang in den Dörfern nicht ausgleichen, da diese zu gering sei und vornehmlich die Ballungsräume betreffe.
Generalvikar von Plettenberg zum Schluss: „Wichtig waren für mich die Erkenntnis und auch der Appell, dass wir wieder mehr an unseren Glauben denken sollten. Und das ist vielleicht in der größeren Nähe im Dorf leichter als in der Anonymität der Stadt.“ Daher sei er sich sicher, dass auch in Zukunft die Kirche im Dorf bleiben werde.

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