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25.08.2018

Brückenschlag des Hochmoselübergangs B50neu schloss entscheidende Lücke

Ürzig (boß) Der legendäre Satz des ehemaligen Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Joseph Maraite, aus den 90er Jahren „Die A60 könnte die teuerste Sackgasse Europas werden“

scheint sich allmählich in Wohlgefallen aufzulösen. Hintergrund: Belgien hatte seinerzeit bis zur rheinland-pfälzischen Landesgrenze die A27 vierspurig durchgebaut. Auf deutscher Seite ging es dagegen nur scheibchenweise voran und viele Gerichtsklagen verzögerten immer wieder den Weiterbau Richtung Mosel. Das rund 15 Kilometer lange Teilstück Winterspelt – Prüm ist bis zum heutigen Tage nur zwei- bzw. dreispurig und wurde im Bundesverkehrswegeplan wegen seiner unzureichenden Frequentierung derzeit für einen vierspurigen Autobahnausbau auf Eis gelegt.
Nun war am Freitagnachmittag der große Augenblick gekommen, als in Anwesenheit des Bundesministers für Verkehr Andreas Scheuer (CSU) und seines rheinland-pfälzischen Amtskollegen Volker Wissing (FDP) die letzte Lücke beim Bau der Hochmoselbrücke vom Hunsrück in die Eifel geschlossen wurde. Auch hier ging es scheibchenweise, denn es mussten nur noch 60 Zentimeter überbrückt werden. Die über tausend angereisten Besucher verfolgten das „unterirdische“ Spektakel per Public Viewing und sahen mit Spannung, wie sich zwei Pfeile langsam aufeinander zu bewegten.
Auch die Polit-Prominenz beobachtete 15 Minuten lang geduldig das Ganze mit aufmerksamem Blick in die Tiefe, um dann um 15.30 Uhr die weißen Helme zum „Brückengang“ aufzusetzen.
In Wahrheit war noch ein rund fünf Meter breiter Graben zwischen der neuen Brücke und der zukünftigen Autobahnfahrbahn vorhanden, die im Laufe der weiteren Bauarbeiten noch geschlossen wird, verriet die Leitende Baudirektorin Edeltrud Bayer vom Landesbetrieb Mobilität Trier.
So mussten die Ehrengäste mit dem Pulk der Journalisten das Bauwerk der Superlative per Notbrücke mit rotem Teppich betreten. Dort konnten sie sich von der Standfestigkeit der 1,7 Kilometer langen Anlage überzeugen. Einigen war flau im Magen, denn der Brückeneinsturz von Genua und die Diskussion um den Rutschhang auf Eifelseite waren noch präsent, während man mit teilweise scheuem Blick 160 Meter tief ins Moseltal blickte. Doch immer wieder wurde zur Beruhigung von den Politikern die Sicherheit der deutschen Brücken beschworen.
Fürwahr ein Meisterwerk der deutschen Ingenieurskunst und der mutigen Arbeiter, was die Redner Andreas Scheuer, Dr. Volker Wissing und Edeltrud Bayer in ihren Ansprachen ausdrücklich hervorhoben.
Die Hochmoselbrücke wurde im sogenannten „Taktschiebeverfahren“ mit neuartigen Verschubanlagen gebaut. Hierbei wurden vorgefertigte Brückenteile auf der Hunsrücker Seite montiert und anschließend mittels Pressen und Gleitanlagen quer über das Tal geschoben; diesmal zum 13. Mal. Insgesamt wurden sage und schreibe 33.000 Tonnen Stahl verbaut. Die Stützweiten zwischen den 10 Betonpfeilern der Balkenbrücke betragen bis zu 210 Meter. Das ist die größte Spannweite weltweit, die jemals im Taktschiebeverfahren bewegt wurde, betonte Verkehrsminister Scheuer.
Die Spitzenpolitiker hoben auch immer wieder die Bedeutung des Projektes der Superlative für die Region, für Deutschland und für Europa hervor. Es verbinde Menschen über Landesgrenzen hinweg vom Rhein-Mainz-Gebiet in die Benelux-Länder und an die Seehäfen der Niederlande und Belgiens.
Dass von der Planung bis zur Umsetzung alles so lange gedauert habe und immer teurer geworden sei, wurde damit abgetan, dass man in einer Demokratie halt mit Verzögerungen rechnen müsse. Ein Zuschauer gegenüber unserer Zeitung: „Das hätte alles noch viel länger gedauert, wenn es nicht den Hahn gäbe!“ (Anmerkung der Redaktion: gemeint war der Hunsrück-Flughafen Hahn)
Edeltrud Bayer an die Adresse von Verkehrsminister Andreas Scheuer: „Sie sehen das vielleicht anders, aber wenn ich mir hier das Medieninteresse so anschaue, kommt es mir vor, als wären wir auf einer Bundespressekonferenz.“ Leichtes Grinsen bei Scheuer, was aussagen könnte „Da müssten Sie einmal in München oder gar in Berlin dabei sein“…
Dennoch, es war fast ein Heimspiel für den Gast aus Berlin, da die über tausend angereisten Besucher sich ausschließlich positiv verhielten und die Kritiker aus der Bürgerinitiative „pro Mosel“ wohl teilweise persönlich anwesend waren, aber keinen Protest bekundeten – wie noch bei der Einweihung des 5,3 km langen Teilstücks von der A1 bis Platten. Dennoch erklärten sie per Rundschreiben, dass es für Sie keinen Grund zum Feiern gebe und der Hochmoselübergang sinnlos, verschwenderisch und zerstörerisch für die Landschaft sei.
Trotz aller Kritik konstatierte Volker Wissing in seiner Rede, dass die Brücke für ihn ein ästhetisches Bauwerk sei.
Die Brücke allein verschlingt 175 Millionen Euro und die 25 Kilometer lange Gesamtbaumaßnahme über die drei Abschnitte ( A1 bis Platten, von Platten über die Hochmoselbrücke zum Zubringer Lösnich und von dort bis zur B50alt nahe der Ortschaft Kommen) kosten mittlerweile insgesamt 483 Millionen Euro. Und so ließ es sich der Bundesverkehrsminister mit einem Augenzwinkern auch nicht nehmen, bei seiner Ansprache die Gäste mit „Liebe Steuerzahler!“ anzureden.
Keiner der Verantwortlichen wollte sich genau festlegen, wann 2019 oder gar erst 2020 die offizielle Verkehrsfreigabe stattfindet. Das hänge vom Wetter ab und ob sich nicht noch unvorhergesehene Schwierigkeiten einstellten.
Der Bundesverkehrsminister freute sich jedenfalls auf ein Wiedersehn bei der offiziellen Einweihung.
Obwohl in den Reden immer wieder vom Beneluxraum oder den belgischen und niederländischen Seehäfen gesprochen und der europäische Gedanke beschworen wurde, waren wohl keine offiziellen Politiker oder Gäste aus dem genannten Raum bei der Feier anwesend. Vielleicht klappt es bei der Autobahn-Einweihung?

Heinz-Günter Boßmann