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25.04.2018

Schleuserbande vor dem Kadi

Saarbücken (red/boß) Gegen sieben Angeschuldigte im Alter zwischen 22 und 41 Jahren hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken Anklage zum  Landgericht Saarbrücken – Jugendkammer  -  erhoben.  Ihnen  wird zur Last gelegt,

in zum Teil wechselnder Besetzung in insgesamt 23 Fällen einen anderen dazu angestiftet oder ihm dazu Hilfe geleistet zu haben, Ausländer einzuschleusen und dafür Geld erhalten zu haben.
Den Angeschuldigten  verschiedenster Staatsangehörigkeiten – Deutsche, Iraker, Syrer und Rumänen – mit verschiedensten Wohnsitzen  – überwiegend Saarbrücken, aber auch Oberndorf bei Salzburg, Galati/Rumänien – wird im Wesentlichen Folgendes zum Tatvorwurf gemacht:
Die Angeschuldigten sollen sich seit August 2015 damit befasst haben,  mittels Pkws in wechselnder Besetzung und entsprechend einer dem gemeinsamen Tatplan entsprechenden Arbeitsteilung mit festen Aufgabengebieten durch regelmäßige Fahrten eine größere Anzahl von Flüchtlingen gegen Entgelt aus dem Ausland nach Deutschland zu schleusen. Den seinerzeit vorherrschenden Migrationsdruck insbesondere syrischer Staatsangehörige sollen  die Angeschuldigten ausgenutzt haben, um sich durch die von den zu Schleusenden für die Abwicklung und den Transport nach Deutschland zu zahlenden Geldbeträge eine fortlaufende, gewinnorientierte Einnahmequelle zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu sichern. Zum Erreichen des gemeinsamen Ziels sollen die Angeschuldigten in wechselnder Beteiligung, in der Regel zu dritt, teils auch zu zweit im Zusammenwirken mit gesondert verfolgten Tatbeteiligten oder auch gemeinschaftlich zu zweit in der folgenden Art und Weise agiert haben:  In der Regel sollen für die Fahrten zwei PKW genutzt worden sein. In diesen Fällen soll zur Entdeckung und Umgehung von Grenzkontrollen ein vorausfahrendes sog. „Scoutfahrzeug“ die Grenzsituation sondiert haben. Die Feststellungen sollen dem jeweiligen Fahrer des mit den zu Schleusenden besetzten Tatfahrzeugs sodann mitgeteilt worden sein. Das Vorgehen sollte die ungehinderte Überquerung der Staatsgrenzen sichern und die Entdeckung der Taten verdecken, um deren Erfolg zu sichern. Im Jahr 2015 erfolgten die Aufnahme und Transporte der Ausländer aus Ungarn und Österreich, im Jahr 2016 aus Italien über Österreich nach Deutschland. Bei insgesamt 23 Schleusungsfahrten sollen insgesamt mindestens 120 Flüchtlinge/Asylsuchende nach Deutschland befördert worden sein. Es handelte sich dabei überwiegend um syrische Staatsangehörige, vereinzelt auch um Marokkaner, Libanesen, Libyer und Staatenlose palästinensischer Abstammung. Für ihre Einreise nach Deutschland und in andere EU-Staaten benötigen diese Personen Reisepässe und Aufenthaltstitel, wobei diese jedenfalls in allen Fällen nicht über einen  Aufenthaltstitel verfügten. Die Angeschuldigten sollen  regelmäßig - bis auf einen Ausnahmefall - die Zahlung von Schleuserlohn bezogen auf jede zu schleusende Person verlangt haben, und zwar  in unterschiedlicher Höhe bei Erwachsenen und Kindern, wobei etwa von einer Größenordnung zwischen 1.000 € und 2.000 € pro Person auszugehen ist. Diejenigen der Angeschuldigten, die vor Ort agierten, sollen sich entsprechend dieser Absprache vor dem Transport in Richtung Deutschland das Geld haben zeigen lassen. Die Verantwortlichkeiten der Angeschuldigten sollen sich wie folgt hierarchisch gliedern: An der Spitze der Bande soll der Angeschuldigte Kawa H. agiert haben. Nach einem Fernsehbericht im Jahr 2015 über die Zustände in Budapest soll er den Entschluss gefasst haben, aus dieser Situation Kapital zu schlagen. Ferner soll er die Angeschuldigten Kahraman H., Ramona H., Gabriel B. und Nicolae G. für die Schleusungsfahrten als Fahrer, Unterstützer und Begleiter gewonnen haben. Der Angeschuldigte Kawa H.  soll über den Preis für die Schleusungen entschieden und  Vorgaben zur Vorgehensweise wie Fahrtzeiten, Fahrstrecken, die Nutzung von zwei Fahrzeugen mit speziell zugeteilten Aufgaben im Ablauf der Fahrten gemacht haben.
Anlass für die Ermittlungen war die vorläufige Festnahme des Kawa H. am 31.10.2016 um 01:25 Uhr, als er mit seinem auf ihn zugelassenen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen SB-J…. bei der Einschleusung einer fünfköpfigen syrischen Familie mit Ziel München durch Beamte der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, Dienstort Weilheim, an der deutsch-österreichischen Grenze auf der B2,  Nähe Klais,  aus Österreich kommend festgestellt wurde. Das mit zwei männlichen Personen besetzte „Scoutfahrzeug“ mit dem amtlichen Kennzeichen SLS-N…, zugelassen auf den Angeschuldigten Nicolae G.,   wurde durch die Beamten zwar erkannt, konnte sich jedoch der Kontrolle entziehen.
Die Auswertung des von Kawa H. mitgeführten iPhone 6s offenbarte schnell, dass er bereits kurz zuvor mehrere Schleusungsfahrten mit weiteren Mittätern durchführte. Folgeermittlungen wie Anfragen bei Autoverleihfirmen, Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen führten zur Ermittlung aller hier angeklagten Mittäter.
Der Hauptangeschuldigte Kawa H. räumt die ihm vorgeworfenen Taten zwar ein, will aber vorwiegend aus humanitären Gründen gehandelt haben. Diese Einlassung wird allerdings nach Auffassung der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Hauptverhandlung als Schutzbehauptung widerlegt werden, hat doch der Mitangeschuldigte Kahraman H. bei seinen Vernehmungen die planvolle Ausführung der Schleusungen, insbesondere aber auch die Gewinnerzielung als das tragende Tatmotiv eingeräumt.
Die weiteren Angeschuldigten machen bisher im Wesentlichen  von Ihrem Schweigerecht Gebrauch.

Presse Staatsanwaltschaft Saarbrücken