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21.05.2017

Polizei Rheinland-Pfalz feiert am 21. Mai ihren 70-jährigen Geburtstag auf der Festung Ehrenbreitstein

Koblenz (red/boß) Man sieht es ihr nicht an, dass die Polizei in Rheinland-Pfalz bereits 70 Jahre alt wird. Im Gegenteil - sie ist jung geblieben. Am Sonntag, dem 21. Mai wird auf der Festung Ehrenbreitstein groß gefeiert.

Ab 9.30 Uhr findet zunächst ein ökumenischer Gottesdienst statt.
Neben der Vereidigung von 580 Polizeikommissar-Anwärtern und -Anwärterinnen präsentiert sich die gesamte rheinland-pfälzische Polizei mit verschiedenen Ausstellungen und Vorführungen.
Der Weg dorthin war nicht einfach. Wurden zunächst nach dem 2. Weltkrieg ehemalige Soldaten in Kurzlehrgängen auf die Polizeiaufgaben vorbereitet, geht es heute mit dem Studium auf der Hochschule am Flugplatz Hahn schon akademisch zu.
War es in den ersten Jahrzehnten geradezu undenkbar, Frauen in Uniform einzusetzen, wurde auch hier bereits im Jahr 1987 ein weiterer Schritt zur Gleichberechtigung und bürgernahen Gesellschaft getan. 30 Jahre später kann man über die damaligen getrennten Unterkünfte im sogenannten "Hochsicherheitstrakt" nur noch schmunzeln.
Wer sich für den modernen Polizeiberuf interessiert, kann sich am Geburtstag auch mit den Einstellungs- und Ausbildungsberatern unterhalten, um ein realistisches Bild von dem Beruf zu bekommen. Denn man muss wissen, dass die meisten Polizeibeamtinnen und -beamten nach dem Studium in dem schweren Wechselschichtdienst bei der Schutzpolizei ihre Verwendung finden werden. Denn die Stellen in den sogenannten Sonderdiensten stehen nur begrenzt zur Verfügung.


Archivfoto Heinz-Günter Boßmann: Der "Käfer-Streifenwagen" unterwegs

Geschichtlicher Hintergrund
Mit einer Verordnung vom 14. Mai 1947 erhielt die Polizei in Rheinland-Pfalz ihre erste Struktur und Aufgaben. Dazu gehörte auch die Sicherung von Geldtransporten im Rahmen der Währungsreform im Sommer 1948. Die Polizei musste sich dazu noch Waffen von der damaligen Militärregierung leihen, da nur für jeden dritten Polizeibeamten eine eigene Dienstwaffe zur Verfügung stand. Der verheiratete Gendameriewachtmeister - wie sie damals genannt wurden -  mit einem Kind verdiente 213,41 DM.
Schwarzmarkt, Räuberbanden und die Sicherung der Ernährung der Bevölkerung standen auf dem täglichen Dienstplan. Dienstfahrzeuge waren vor allem Fahrräder. Im Sommer 1947 standen der Polizei Rheinland-Pfalz 78 Pkw, 5 Lkw und 87 Motorräder zur Verfügung. Im Polizeidienst waren zu diesem Zeitpunkt knapp 3.800 Personen beschäftigt, heute sind es zum Vergleich über 9.000.
1950 dann ein weiterer Schritt zur Stabilisierung der inneren Sicherheit der noch jungen Demokratie: Durch ein Verwaltungsabkommen wird auf Bundesebene die Einrichtung von kasernierten Bereitschaftspolizeieinheiten in den Ländern beschlossen. 1951 war diese bereits auf 681 Beamte angewachsen. Zu ihren Aufgaben gehörte die Unterstützung der örtlichen Vollzugspolizei, aber auch die Ausbildung des Polizeinachwuchses. Die Landespolizeischule wird zunächst in Bad Ems untergebracht. Aufgrund der beengten und ungeeigneten Räumlichkeiten erfolgte 1959 der Umzug in eigens zu diesem Zweck errichtete Gebäude in Koblenz-Asterstein, der heutigen Landesfeuerwehrschule. Diesen Standort behielt die Landespolizeischule über fast vier Jahrzehnte bis 1996.
Aber auch in anderen Bereichen hat sich die Polizei weiterentwickelt. Aus der „Strompolizei“ wurde 1950 die Wasserschutzpolizei. Deren Hauptaufgaben sind die Regelung und Überwachung des Schiffverkehrs sowie Schifffahrtunfalluntersuchungen auf den großen Wasserstraßen Rhein, Mosel und Lahn.
Das Landeskriminalamt wird bereits 1947 mit Standort Koblenz eingerichtet. Bis 1951 noch unter der Bezeichnung Landespolizeikriminalamt. Zu den zentralen Dienstleistungen zählen seitdem z.B. aufwändige Laboruntersuchungen, die Führung der Kriminalitätsstatistik, die Entwicklung von Richtlinien für die Kriminalitätsbekämpfung sowie die Vernetzung mit den Landeskriminalämtern der anderen Bundesländer und dem Bundeskriminalamt. 1982 zog das Landeskriminalamt von Koblenz nach Mainz um.
Zu reagieren galt es von Seiten der Polizei auch auf die zunehmende Mobilität: Das Wirtschaftswachstum der 50er Jahre setzte sich fort. Die Menschen in Rheinland-Pfalz konnten sich Dinge leisten, an die bis vor kurzem nicht zu denken war. Dazu gehörten auch motorisierte Fahrzeuge. Die „automobile Gesellschaft“ erweiterte das polizeiliche Tätigkeitsspektrum. Verkehrserziehung und Verkehrsüberwachung wurden intensiviert, Jugendverkehrsschulen eingerichtet.
Die nächste Herausforderung für die Polizei stellten die ersten Protestbewegungen mit Beginn Mitte der 50er Jahre dar. Hier galt es mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl zu agieren und die neugewonnenen demokratischen Rechte zu schützen.
Nicht jeder zeigte sich damit einverstanden. Aus den radikalen Teilen der Protestbewegungen entstanden die „Rote-Armee-Fraktion“ und andere kleinere Terrorzellen. Für die Polizei folgten damit bewegte Jahre. Unvergessen der Überfall auf das olympische Dorf 1972 in München. Auch Rheinland-Pfalz wird zum Ziel: Mutmaßlich Mitglieder der RAF überfallen im Dezember 1971 eine Bank in Kaiserslautern und töten einen Polizeibeamten. Im August 1981 kommt es zu einem Autobombenanschlag auf das Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte in Ramstein. 20 Menschen werden verletzt.
Für die Polizei hieß es, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, ihre Organisation anzupassen und die Ausstattung zu verbessern. Die Spezialeinsatzkommandos (SEK) haben auch in Rheinland-Pfalz ihren Ursprung in diesen Jahren.
Die elektronische Datenverarbeitung hält Einzug in die Büros. Neue Fahndungsmöglichkeiten werden gesucht und gefunden: 1974 wird der erste Polizeihubschrauber in Rheinland-Pfalz in Dienst gestellt. Landesweit unterstützt die Polizeihubschrauberstaffel die Einsatzkräfte der örtlich zuständigen Polizeiinspektionen von ihrem Stützpunkt am Winninger Flugplatz aus.


Archivfoto INPUT-Medien: Bis 1970 Gendarmerie-Einzelposten in Leidenborn (Kreis Prüm)

Auch unterhielt die Polizei bis in die 70er Jahre noch sogenannte kleine Gendarmerie-Stationen und -Posten auf dem Land, die nachher in den Polizeiinspektionen der Städte aufgingen. 1980 wurden dann die Polizei-Bezirksdienste/Kontaktbeamte eingerichtet, um wieder näher am Bürger zu sein. Nicht zu vergessen die Polizei-Autobahnstationen, auch "Geradeaus-Polizei" genannt, die auf den Bundesautobahnen Unfallaufnahmen und Verkehrsdienst durchführten. Auch viele Sondereinheiten wie beispielsweise die Polizeipuppenbühne, Hundestaffeln, Verhandlungsgruppen, Psychologisches Polizei-Verhaltenstraining mit den Schwerpunkten Stress- und Konfliktbewältigung wurden im Laufe der Jahre aufgebaut und hält die Polizei bis heute vor.  
Frieden und Umwelt – dies trieb in den achtziger Jahren die Menschen um. Kalter Krieg und die beabsichtigte Stationierung von amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden sorgten für Großdemonstrationen. Nicht immer friedlich!
Im September 1983 wurden dabei an der US-Airbase Bitburg zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz Wasserwerfer eingesetzt. Mitte der Achtzigerjahre dann ein Umdenken. Das sogenannte Brokdorf-Urteil verpflichtete die Polizei, alle sinnvollen Mittel auszuschöpfen, um das Versammlungsrecht zu gewährleisten. Schon 1986 wurde dies erfolgreich bei einer Friedenskundgebung im rheinland-pfälzischen Hasselbach umgesetzt: Durch Kooperation zwischen Polizei und Veranstaltern konnte eine Kundgebung mit 150.000 Teilnehmern friedlich durchgeführt werden.
Ein weiterer Schritt zu einer bürgernahen Polizei: Frauen in Uniform. Schon seit den Zwanzigerjahren gab es Frauen bei der Polizei. Frauen in Uniform aber erst seit 1987. Die „Schwellenangst“ vor der Männerdomäne Polizei wird damit erfolgreich weiter abgebaut.
Auch öffentliche Institutionen sind immer wieder und permanent gefordert, sich auf Effizienz zu überprüfen. Dies führte 1993 zu einer weiteren Strukturreform der Polizei in Rheinland-Pfalz. Es galt, den Aufbau der Polizei an die Erfordernisse anzupassen, weg von einer geografischen Ausrichtung an Landkreisen und kreisfreien Städten, hin zu großen Behörden. Diese sollen mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Personal eigenständig auf Kriminalität und Verkehrsentwicklung in ihren Zuständigkeitsbereichen reagieren. So werden die 36 Polizeibehörden zu fünf Polizeipräsidien zusammengefasst.

Auch die Ausbildung musste sich der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung anpassen. Bis 1996 bestand die Möglichkeit, in der Laufbahn des mittleren Dienstes zu beginnen und sich im Beruf weiter zu qualifizieren. Schon damals gehörte dazu die Möglichkeit, ein Fachhochschulstudium zu absolvieren. Mit der Abschaffung des mittleren Dienstes bei der Polizei in Rheinland-Pfalz wird der Polizeinachwuchs einheitlich an der Hochschule der Polizei (zuerst noch unter der Bezeichnung Fachhochschule für öffentliche Verwaltung-Fachbereich Polizei) am Standort Hahn in einem Studium für den gehobenen Polizeidienst ausgebildet. Auch dies sicher ein Beitrag dazu, den Beruf des Polizisten auch langfristig attraktiv zu machen.

Um effizient zu bleiben unterliegt auch die Polizei in Rheinland-Pfalz einem ständigen Wandel. So gilt es permanent Strukturen und Personaleinsatz an die Bevölkerungsentwicklung anzupassen, die Nachwuchsgewinnung zu sichern oder neue und verbesserte Ausrüstung, die dem Stand der Technik entspricht, zu prüfen und zu beschaffen. Angepasst werden aber auch die vorbeugende Kriminalitätsbekämpfung auf die demografische Entwicklung in einer immer älter werdenden Gesellschaft oder die Strategien zur Reaktion auf Globalisierung, Kriminalitätsphänomene, zunehmende Verkehrsdichte und veränderte Altersstruktur von Verkehrsteilnehmern.

Presse Polizeipräsidium Koblenz - Uli Hoppen
Heinz-Günter Boßmann