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15.04.2017

Achillesferse Fruchtzucker - Mit Pillen gegen den Blähbauch?

Durch die zunehmende Industrialisierung unseres Essens konsumieren wir immer mehr Fruchtzucker. Dieser steckt nicht nur in Obst, sondern auch in Gemüse, zahlreichen industriell verarbeiteten Lebensmitteln

sowie Süßigkeiten und Getränken. Unser Körper kann jedoch nur begrenzte Mengen davon aufnehmen und verwerten. Die hohen Zufuhrmengen lösen somit bei immer mehr Menschen erhebliche Beschwerden aus. Spezielle Enzympräparate wie beispielsweise Fructaid®, FructoZym® oder Xylosolv sollen nun genau diese Beschwerden abmildern. Doch wie sinnvoll ist die Einnahme dieser Präparate wirklich?
Die freiverkäuflichen Produkte richten sich ausschließlich an Menschen mit nachgewiesener Fruktosemalabsorption. In Europa leiden etwa zwei von drei Kindern und jeder dritte Erwachsene an dieser Form der Unverträglichkeit. Im Gegensatz zur seltenen hereditären Fruktoseintoleranz ist die Fruktosemalabsortion nicht angeboren, sondern entsteht meist infolge des ständigen Fruktoseüberhangs in unserer heutigen Ernährung.
Die Symptome entstehen durch die gestörte Aufnahme des Fruchtzuckers im Dünndarm. Die für die Aufnahme zuständigen Transporteiweiße sind in ihrer Leistung eingeschränkt und nicht mehr aufgenommener Fruchtzucker gelangt so in tiefer gelegene Darmabschnitte. Im Dickdarm wird der Fruchtzucker von den dort ansässigen Bakterien verstoffwechselt, wobei Wasserstoff, Kohlendioxid und kurzkettige Fettsäuren entstehen. Diese Abbauprodukte verursachen nun Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen und Völlegefühl sowie Durchfall oder Verstopfung.
Die Enzym-Präparate enthalten das Enzym Xylose-Isomerase (auch Glukose-Isomerase), das laut den Herstellern im Dünndarm überschüssige Fruktose in leicht resorbierbare Glukose umwandelt. Dadurch soll die Menge an verbleibender Fruktose im Dünndarm sinken. Auf diese Weise soll weniger Fruchtzucker in den Dickdarm gelangen, wodurch die typischen Beschwerden ausbleiben. Zusätzlich enthalten einige Präparate bestimmte Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren, die krankheitsbedingte Nährstoffmängel ausgleichen oder die Regeneration der Darmschleimhaut fördern sollen.
Die Einnahme der Präparate erfolgt in der Regel einige Minuten vor dem Verzehr einer fruktosehaltigen Mahlzeit. Die Dosierempfehlungen variieren je nach Produkt und unterliegen Einflussfaktoren wie der Zusammensetzung der Mahlzeit, der enthaltenen Fruchtzuckermenge oder der individuellen Verträglichkeit. Einige Hersteller verzichten daher auf die Angabe, wie viel Fruktose mit einer Tablette in Glukose umgewandelt werden kann. Andere Anbieter geben einen Richtwert von etwa sechs Gramm an.
Ob die Einnahme solcher Enzympräparate tatsächlich sinnvoll ist, lässt sich nicht zweifelsfrei beurteilen. Die Wirkmechanismen sind bisher unzureichend und nicht längerfristig erforscht. Einige Anwender berichten aber, dass die Verdauungsbeschwerden durch die Einnahme ausbleiben. Und das scheint zumindest für Situationen hilfreich zu sein, in denen die Einhaltung einer fruktosearmen Ernährung nicht oder nur bedingt möglich ist. Die Einnahme der Präparate sollte dennoch die Ausnahme und nicht die Regel sein.
Zudem erfordert eine plötzlich auftretende Fruchtzuckerunverträglichkeit nicht zwangsläufig den lebenslangen Verzicht auf Fruktose. Eine gezielte Kostumstellung fördert sowohl die Aufnahmefähigkeit der Transporteiweiße als auch die Verträglichkeit von Fruktose. Die diätetische Betreuung des Betroffenen in dieser Zeit sollte durch eine geschulte Ernährungsfachkraft erfolgen, die die schrittweise Umstellung begleitet. Im Anschluss werden physiologische Mengen Fruchtzucker häufig wieder vertragen. Die Einnahme von Enzympräparaten ist somit ohnehin überflüssig.
 
Mehr Infos: www.fet-ev.eu