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24.02.2017

Ermittlungen gegen saarländischen AfD-Spitzenkandidaten M. mangels Tatnachweises eingestellt

Saarbrücken (red/boß) Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat mit Verfügung vom 24.02.2017 die Ermittlungen gegen den Spitzenkandidaten der AfD für die bevorstehende Landtagswahl im Saarland eingestellt,

da nach den durchgeführten Ermittlungen der Nachweis eines Fehlverhaltens nicht zu führen war.
Gegenstand des Ermittlungsverfahrens war der Verdacht eines Verstoßes gegen § 86a StGB durch den Beschuldigten M. durch den Verkauf von Gegenständen aus der Zeit des Nationalsozialismus in einem von ihm betriebenen Ladengeschäft. Nach Pressemitteilungen des Fernsehmagazins „Panorama“ und des „Stern“ seien Testkäufer in das Ladengeschäft des Beschuldigten entsandt worden, denen sogenanntes Lagergeld sowie Orden aus der NS-Zeit mit Hakenkreuzabbildungen angeboten und verkauft worden seien. Der Beschuldigte selbst, der sich im Ermittlungsverfahren nicht eingelassen hat, ist dieser Berichterstattung gegenüber der Presse nicht entgegengetreten, sondern hat sie bestätigt.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist ein Verstoß gegen § 86a StGB nicht nachweisbar.

Hintergrund:
§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB verbietet die Verbreitung oder öffentliche Verwendung von Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen, § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB das Vorrätighalten solcher Gegenstände zur Verbreitung oder Verwendung im In- oder Ausland.
Bezüglich des Verkaufes von sogenanntem Lagergeld fehlt es für eine Strafbarkeit bereits an einem tauglichen Tatobjekt. Das Gesetz verbietet nicht generell die öffentliche Verwendung oder Verbreitung von Gegenständen aus der Zeit des Nationalsozialismus, sondern nur die von Kennzeichnen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen. Solche Kennzeichen enthalten die in der Berichterstattung zu sehenden Geldscheine nicht.
Um verbotene Kennzeichen i.S.d. § 86a StGB handelt es sich hingegen bei Hakenkreuzdarstellungen, wie sie teilweise auf den von dem Beschuldigten gegenüber den Testkäufern angebotenen Orden enthalten sind. Insoweit fehlt es jedoch am Nachweis einer Tathandlung i.S.d. § 86a StGB:
Ein "Verbreiten" ist nur eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, das verbotene Kennzeichen in seiner Substanz einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen, wobei dieser nach Zahl und Individualität so groß sein muss, dass er für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Die Weitergabe an einzelne bestimmte Dritte reicht nicht aus, wenn nicht feststeht, dass der Dritte seinerseits den Gegenstand mit dem Kennzeichen weiteren Personen überlassen wird, worauf sich auch der Vorsatz des Täters beziehen muss.
Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt in einem Verkauf an einzelne Testkäufer kein Verbreiten i.S.d. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Mit einer Weitergabe an einen seinerseits unüberschaubaren Kreis weiterer Personen muss der Verkäufer von Gegenständen, die primär das Interesse von Sammlern finden, nicht rechnen. Das Wesen des Sammelns solcher Gegenstände liegt gerade in dem bloßen Wunsch, sie zu besitzen und verwahren.
Auch eine öffentliche Verwendung des verbotenen Kennzeichens ist nicht belegt. Ein öffentliches Verwenden liegt nur vor, wenn eine nicht überschaubare Anzahl von Personen den Symbolgehalt des Kennzeichens zur Kenntnis nehmen kann. Die Möglichkeit des Hinzutretens Dritter genügt hierfür nicht. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist eine öffentliche Verwendung verbotener Kennzeichen durch den Beschuldigten nicht nachgewiesen. Die Darbietung gegenüber einzelnen Käufern genügt nicht. Zwar waren die Orden in einer gläsernen Verkaufsvitrine verwahrt. In der Bildberichterstattung von „Panorama“ ist jedoch zu sehen, dass die Orden, die eine Hakenkreuzdarstellung enthalten, in der Vitrine so gelagert wurden, dass die Hakenkreuzdarstellung erst durch ein Umdrehen der Orden zur Präsentation gegenüber den Testkäufern sichtbar wurde. Die Hakenkreuze waren nicht bereits beim bloßen Betreten des Ladens zu sehen, so dass die Frage, ob dies den Anforderungen an eine öffentliche Verwendung i.S.d. § § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB genügen würde, keiner Entscheidung bedarf.
Schließlich ist auch der Nachweis eines strafbewehrten Vorrätighaltens von Gegenständen mit verbotenen Kennzeichen nicht zu führen. Strafbar ist nur ein Vorrätighalten zur Verbreitung oder Verwendung in der in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezeichneten Art und Weise, d.h. auch hier müsste der Vorsatz des Beschuldigten darauf gerichtet sein, verbotene Kennzeichen einem für ihn im Einzelnen nicht mehr überschaubaren und nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis zugänglich zu machen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Das Ladengeschäft des Beschuldigten ist von überschaubarer Größe. Der Geschäftszweck ist generell auf den Handel mit Antiquitäten gerichtet. Die vom „Stern“ zur Verfügung gestellten Lichtbilder zeigen ebenso wie die Bildberichterstattung von „Panorama“ in der Auslage neben einigen wenigen Orden vor allem eine Statue und diversen Schmuck. Die in der Presse zitierten Angaben des Beschuldigten, nur in einem geringen Umfang Handel mit Orden der verfahrensgegenständlichen Art zu betreiben, sind deshalb plausibel.
Das Ermittlungsverfahren war aus den genannten Gründen einzustellen.