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08.12.2016

Prümer VG-Rat beschließt endgültigen Flächennutzungsplan für Windkrafträder auf der Schneifel - mit Leserbrief

Prüm (boß) Ein seltenes Bild: Der Zuschauerraum im Ratssaal der Verbandsgemeindeverwaltung Prüm war mit über 50 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt und einige Bürger standen sogar noch auf dem Flur.

Grund war ein sehr sachlich gehaltener Tagesordnungspunkt, aus dem man die Brisanz des Themas auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres entnehmen konnte: „6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Verbandsgemeinde Prüm“.
Dahinter verbirgt sich, dass auf dem bis zu 700 Meter hohen Schneifelhöhenrücken ein Windpark – wie es ein Mitglied der SPD-Fraktion formulierte – von 14 Anlagen entstehen soll. Allerdings nicht in den Kernzonen rund um den höchsten Berg der Westeifel, den Schwarzen Mann, sondern auf der ehemaligen Radarstation und unterhalb des Funkturmes in Richtung Brandscheid.
Das Vorhaben spaltet die Bevölkerung und es hat sich eigens die Bürgerinitiative „Gegenwind Schneifel“ gegründet, der unter anderem der Ortsbürgermeister von Auw und CDU-Mitglied des Verbandsgemeinderates Peter Eichten vorsteht. Sie kämpfen bereits seit Jahren für den Erhalt des Natur-, Erholungs- und Urlaubsgebietes Schneifel und treten für den Schutz der Gesundheit, Natur und Tierwelt ein.
Obwohl fast jeder für den Ausstieg aus der Atomenergie, das Abschalten der Atomkraftwerke und für alternative Energien ist, haben insbesondere die Anrainergemeinden Schwierigkeiten mit den bis zu 230 Meter hohen Windrädern in den Wäldern der Schneifel.
Nach konträrem Austausch der Argumente der Pro- und Kontra-Fraktionen wurde dann der Vorentwurf als „endgültig“ anerkannt. 20 aus den Reihen von CDU, FWG und Grünen sagten Ja, sechs Frauen und Männer der SPD Nein, und der FDP-Mann enthielt sich der Stimme.
Das heißt, dass nun das Werk für die Bevölkerung, die betroffenen Behörden und Träger öffentlicher Belange offengelegt werden kann, um es dann der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm zur Genehmigung vorzulegen.
Bürgermeister Aloysius Söhngen (CDU) hob nochmals hervor, dass künftig halt nur auf diesen ausgewiesenen Flächen Windkraftanlagen zugelassen werden könnten und somit ein Wildwuchs verhindert werde. „Ziel ist ein rechtssicherer Plan, ansonsten wäre jede Fläche dann möglich.“
Söhngen räumte aber auch ein, dass noch mit gerichtlichen Klagen zu rechnen sei.
Dass es sich bei den Zuschauern wohl überwiegend um Gegner handelte, konnte man anhand der Körpersprache, entsprechender Äußerungen und „Grummeln“ sowie der Tatsache vermuten, dass nach dem Tagesordnungspunkt die Gruppe fast geschlossen und enttäuscht die Heimreise antrat.
Es war für die Anwesenden teilweise sichtbar schwer, die Diskussion zu ertragen, da sie nach der Gemeindeordnung nicht in das Geschehen eingreifen durften, um den störungsfreien Ablauf nicht zu gefährden und die Mitglieder des Verbandsgemeinderates in ihrer Entscheidung nicht zu beeinflussen.
Der Schneifelhöhenrücken war übrigens in den letzten Jahrzehnten von zwei herausragenden Bauwerken gezeichnet, die aber wegen ihrer Zweckmäßigkeit keinen Widerspruch hervorgerufen haben: einem Fernsehturm für besseren Empfang und einer Radaranlage der amerikanischen Streitkräfte im Interesse der Sicherheit.
Nun aber 14 Windräder, die im gesamten Prümer Land und im belgischen und nordrhein-westfälischen Grenzraum von überall zu sehen sind; das macht viele Menschen zu Gegnern. „Im übrigen sind die Bürger im Raum Bleialf-Auw-Roth schon von Windrädern sozusagen umzingelt, sind an ihrer Belastungsgrenze angekommen und haben bereits einen beträchtlichen Beitrag zur Energiewende geleistet“, so ein Teilnehmer der Veranstaltung.

Heinz-Günter Boßmann für die ostbelgische Tageszeitung Eupener Grenz Echo

Dazu unser Leser Marcel Berens:
"Wenn schon Windenergieanlagen in der Schneifel errichtet werden, dann sollte man dafür doch zuerst die konfliktärmsten Eignungsflächen einbeziehen, die man ermittelt hat. Das legt jedenfalls die Tatsache nahe, dass umfangreiche Untersuchungen stattfanden.
Genau das aber verhindert der Beschluss des VG-Rates vom 27.9., wonach kommunale und private Eignungsflächen neuerdings nicht mehr einbezogen werden dürfen. Gemeinsam mit der Reduzierung des Vogelschutzabstandes (von 3000m auf 1000m bei Schwarzstorch, von 1500m auf 1000m bei Rotmilan) wurde dies festgelegt. Mit diesem Doppelbeschluss verzichtet man auf konfliktfreiere Eignungsflächen am Rande des Schutzgebietes und außerhalb der empfohlenen Schutzabstände und kann gleichzeitig (!) problematischere Waldflächen inmitten des FFH-Gebietes auf dem Schneifelkamm (im Zentrum der Flugrouten und Nahrungsgebiete) auswählen, obwohl man diese zuvor noch nach der Restriktionsuntersuchung deswegen ausgeschlossen hatte, da sie bis auf 1 km an Vogelhorste heranreichen. Zudem verstärken sie den "Umzingelungseffekt" auf die umliegenden Gemeinden noch mehr (Windräder auf dem Schneifelkamm zwischen Radarstation bis Nähe Forsthaus Schneifel).
Hintergrund für diese Vorgehensweise könnte die Absicht sein, ausschließlich Staatswald auszuweisen, selbst wenn dieser ein höheres Konfliktpotential aufweist und gegebenenfalls ungeeigneter ist. Umweltkriterien wären demgegenüber nachrangig bei der Flächenfindung. Dies sollte man dann aber auch ehrlich kommunizieren.
Der konkrete Inhalt des obengenannten VG-Rat-Beschlusses vom 27.9. war übrigens weder offiziell (Amtsblatt, telefonische Nachfrage) noch aus der Presse in Erfahrung zu bringen. Ob man für die anderen Flächen des Flächennutzungsplanes außerhalb der Schneifel dieselben Prioritäten gesetzt hat, ist ebenfalls sehr schwer durchschaubar."